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Stadt St.Gallen
31.12.2022
10.04.2023 19:29 Uhr

Arthur Schopenhauer als Menschenfreund: Zur Überbevölkerung der Erde

Ernst Ziegler
Ernst Ziegler Bild: stz.
Der ehemalige St.Galler Stadtarchivar Ernst Ziegler beschäftigt sich nicht erst seit seiner Pensionierung mit Arthur Schopenhauer. Den stgallen24.ch-Lesern stellt Ziegler den grossen deutschen Philosophen als Menschenfreund vor. Heute: Zur Überbevölkerung der Erde.

In den Spicilegia notierte Schopenhauer 1841 Gedanken zur „Ueberbevölkerung der Erde“, die er ein „Schreckbild“ nannte und ein Übel, „dessen Entsetzlichkeit die lebhafteste Phantasie sich kaum auszumalen vermag“.[i]

Er hat über die Bevölkerung der Erde verschiedene Notizen hinterlassen. In einer seiner Zusammenstellungen von 1856 steht die Zahl von 1'283 Millionen Menschen.[ii] Heute ist die Rede von sieben bis acht Milliarden, und ob es dereinst zu einer tatsächlichen Überbevölkerung kommen wird, wissen wir nicht.

Was wir jedoch wissen, ist das, was Schopenhauer 1841 in die Spicilegia eintrug: „Die Erdoberfläche ist nicht geeignet eine unendlich lange Zeit hindurch der Wohnplatz des Menschengeschlechts zu seyn: denn sie enthält viele Nothwendige Dinge in endlicher also erschöpflicher Quantität und die sich nicht wiedererzeugen: z. B. Steinkohlen und Metalle.“[iii]

Der Basler Kultur- und Kunsthistoriker Jacob Burckhardt (1818-1897) schrieb in seiner Einleitung zu seiner Vorlesung Neuere Geschichte, 1450-1598: „Das Mittelalter vielleicht im Großen eine Zeit der heilsamen Zögerung; hätte es die Erdoberfläche ausgenützt wie wir, so wären wir vielleicht gar nicht mehr vorhanden. (Ob es Schade um uns wäre?)“[iv]

[i] Spicilegia, S. 280. D, 5, S. 167.
[ii] Philosophari, S. 75, 81-82.
[iii] Spicilegia, S. 279.
[iv] Jakob Burckhardt Werke, Kritische Gesamtausgabe, München, Basel 2016, Band 26, S. 93.

Zum Autor

Ernst Ziegler (Jg. 1938) war bis 2003 Stadtarchivar in St. Gallen. Er ist Privatdozent an der Universität St. Gallen, Historiker und Paläograph. Bei C.H. Beck in München hat er drei Bände von Schopenhauers Handschriftlichem Nachlass herausgegeben, die Senilia, die Specilegia und die Pandectae sowie die Schopenhauer-Textsammlungen Die Kunst, sich Respekt zu verschaffen, Die Kunst am Leben zu bleiben und Über den Tod. Im Schwabe Verlag zu Basel erschien 2015 die Anthologie Burckhardt und Schopenhauer. Bei Königshausen & Neumann in Würzburg erschienen 2017 die beiden Bände Cogitata und Cholerabuch, 2018 Et in Arcadia ego — Arthur Schopenhauer in Italien und 2019 die Philosophari. Im Oktober 2019 begann er Schopenhauer e la vispa Teresa (L`Italia, le donne, le avventure) von Anacleto Verecchia (2006) ins Deutsche zu übertragen. In der Zeitschrift „Aufklärung und Kritik“ sind erschienen Magie und Hexerei bei Arthur Schopenhauer, Schopenhauer und Spinoza, Arthur Schopenhauer und Giordano Bruno sowie Arthur Schopenhauer und Dante Alighieri.

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