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Stadt St.Gallen
05.09.2023
07.09.2023 08:21 Uhr

Getestet: In diesem japanischen Restaurant gibt es Pferd statt Sushi

Küchenchef Adriano Pratsch und Restaurantleiterin Petra Sepelova
Küchenchef Adriano Pratsch und Restaurantleiterin Petra Sepelova Bild: Miryam Koc
Vor wenigen Wochen hat in St.Gallen das Tailormade Hotel LEO eröffnet – mitsamt Restaurant. stgallen24 hat sich auf die Suche nach authentischer japanischer Küche begeben und das Erlebnis unter die Lupe genommen.

Direkt hinter dem Hauptbahnhof St.Gallen und vis-à-vis der Villa Wiesental thront ein neues Hotel. Das Tailormade Hotel LEO, entworfen vom renommierten Architekten Roger Boltshauser, zeichnet sich durch seine Verwendung von Naturlehmsteinen, organischen Formen und Sichtbeton aus, was dem Gebäude eine unübersehbare Präsenz verleiht.

Doch diese neue Adresse zielt nicht nur auf Touristen und Geschäftsreisende ab, die einen Kurztrip in die Gallusstadt unternehmen, sondern lädt die St.Galler mit dem Restaurant «Izakaya Ekimae» auf eine kulinarische Reise nach Japan ein.

Die Geschäftsleitung teilt sich Chris Wieghardt und Tim Bennewitz. Petra Sepelova leitet das Restaurant, während Adriano Pratsch, ein Gastroprofi mit internationaler Erfahrung, als Küchenchef fungiert. Pratsch entdeckte seine Leidenschaft für die japanische Küche während seiner Zeit in Hongkong.

stgallen24 hat das neue Restaurant getestet und bewertet Ambiente, Service, Essen und Preis-Leistungs-Verhältnis.

Kaum zu übersehen: Das neue Hotel. Bild: zVg

Ambiente

«Izakaya» sind eine sehr beliebte und traditionelle Form der Gastronomie in Japan. Ursprünglich handelte es sich hierbei um sehr kleine, rustikale Lokale, häufig nicht grösser als ein gemütliches Wohnzimmer. Das Wohnzimmer-Feeling und die Gemütlichkeit spiegeln sich auch in dem Ausziehen der Schuhe wider, das an einem langen Abend im Izakaya nicht unüblich ist. «Ekimae» bedeutet Bahnhofsplatz. Die Schuhe können die Gäste in St.Gallen (vorerst) aber anbehalten.

Wie es sich für ein echtes «Izakaya» gehört, sind die Tische alle in einer Linie angeordnet und die Küche ist offen. Kimonos schmücken die Wände, Bilder mit japanischen Motiven zieren den Raum, eine winkende japanische Glückskatze fängt den Blick, und die Decke ist mit Lampions bedeckt, auf denen japanische Schriftzeichen zu sehen sind. Das Restaurant bietet viele visuelle Reize, ohne überladen oder willkürlich zu wirken.

Im hinteren Teil des Restaurants gibt es eine Nische mit einem quadratischen Tisch und Sitzbänken, wo Gäste, ganz wie in Japan, ihre Schuhe ausziehen und sich mit Freunden in entspannter Atmosphäre niederlassen können. An diesem Freitagabend ist das Restaurant gut besucht, leise Musik im Hintergrund ist wahrnehmbar, aber sie stört nicht das Gespräch.

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Service

Wir wurden an jenem Freitagabend von der Restaurantleiterin Petra Sepelova und Co-Geschäftsleiter Tim Bennewitz begrüsst. Die beiden und das gesamte Team, welches wir an diesem Abend kennengelernt haben, waren sehr freundlich, locker und transportierten fast schon ein Gefühl von «Zuhause bei Freunden». Der Küchenchef, Adriano Pratsch, machte an jedem Tisch Halt und beantwortete geduldig unsere Fragen zu den Gerichten.

Obwohl das Restaurant zu diesem Zeitpunkt erst wenige Wochen geöffnet war, agierte das Team eingespielt. Selbst als ein paar Gläser im Eifer des Gefechts zu Boden gingen, wurde dies elegant überspielt. Die Wartezeiten waren trotz der anspruchsvollen Menüs erfreulich kurz.

  • CO-Geschäftsleitung Chris Wieghardt und Tim Bennewitz Bild: zVg
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  • Petra Sepelova führt das Restaurant Bild: Miryam Koc
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  • Küchenchef Adriano Pratsch liebt die japanische Küche Bild: Miryam Koc
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Essen

Das Konzept im Izakaya Ekimae lässt sich wohl am einfachsten als «japanische Tapas» erklären. Entscheidet man sich für die «Ekimae Experience» so erhält man eine bunte Auswahl an ausgewählten Speisen und kann sich so bequem durch die Karte probieren.

Alternativ kann man sich die Gerichte auch individuell zusammenstellen lassen und füllt dafür einen Bestellzettel aus. Das kann im ersten Moment etwas überfordernd sein, weshalb wir uns für die «Ekimae Experience» entschieden haben. Diese umfasst zehn Gerichte, die in beliebiger Reihenfolge serviert werden, je nachdem, wie die Küche sie zubereitet.

Zu Beginn wurden leicht geröstete Sojabohnen mit Yuzu-Salz serviert, ein leichter Auftakt. Danach folgten Speisen wie Basahi Tataki (Pferderoastbeef vom Shichirin-Holzkohlegrill mit Zitrus-Ponzusauce, frittierten Schalotten und Shiso), Erdusstofu, Tempura Mix, Tsukemono (eingelegtes Gemüse), Tori no Karaage (frittiertes Poulet mit scharfer, japanischer Mayonnaise), Hijiki no Nimono (marinierte Hijiki-Algen mit Karotten, Tofu und Sojabohnen), Sashimi, Buta no Kakuni (geschmorter Schweinebauch), grillierter Lachs und zum Abschluss Mochi-Glace, serviert in mal kürzeren und mal längeren Pausen.

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Jedes Gericht wurde mit Liebe zum Detail angerichtet und machte schon optisch einen tollen Eindruck. Wie die Namen der Speisen vermuten lassen, handelt es sich um  authentische japanische Gerichte, die wir so noch auf keiner anderen Menükarte in St.Gallen gesehen habe. Gekonnt haben die Köche hier mit verschiedenen Geschmacksrichtungen und Konsistenzen gespielt. Der Tofu bestand beispielsweise aus Erdnüssen statt aus Sojabohnen, was ihm eine andere Festigkeit und eine leichte Süsse verlieh.

Die Grenzen zwischen Hauptgericht und Dessert verschwammen. Und genau das gefiel uns: Die Neugier und Spannung, die während dem Essen geweckt worden sind. Auch das Fleisch war bei allen Gerichten sehr zart und von hochwertiger Qualität. Besonders das frittierte Poulet hat es uns angetan – aber auch das Roastbeef vom Pferd, welches wir unter anderen Umständen wahrscheinlich nicht bestellt hätten, hat uns positiv überrascht. 

Sushi sucht man vergebens auf der Karte und das sei gewollt. «Wir wollten uns von den vielen anderen asiatischen Restaurants in St.Gallen abheben. Japan ist viel mehr als Sushi», erklärt Chefkoch Adriano. Auch Kohlenhydrate  (Reis, Nudeln, Kartoffeln) werden weitgehend vermieden.

Preis-Leistungs-Verhältnis 

Die «Ekimae Experience» kostet pro Person 78 Franken. Dafür erhält man zehn verschiedene Speisen inkl. kleinem Dessert. Die einzelnen Tapas kosten zwischen 8 und 25 Franken. Das japanische Wagyu Sandwich liegt als Ausreisser bei satten 89 Franken. Das Chicken erhält man für 15, die gebratenen Teigtaschen für 14 oder den Lachs für 21 Franken. Da man pro Person mit sicher vier bis fünf «Tapas» rechnen sollte, kommt man schnell auf den Preis der «Ekimae Experience». In Anbetracht der Qualität und der Präsentation des Essens erachten wir die Preise für angemessen. 

Das Mittagsmenü, das sogenannte «Bento Boxen» und Ramen anbietet, erachten wir zudem als überdurchschnittlich fair. So erhält man Yasai Ramen inklusive Vorspeise (Salat oder Misosuppe) für 23.50 Franken. Das Tonkatsu (paniertes Panko Schweinsschnitze) mit verschiedem Gemüse und Misosupp plus Reis liegt bei 25.50 Franken. 

Fazit

Zugegeben: Als wir hörten, dass im neuen Hotel ein japanisches Restaurant eröffnet, waren wir etwas enttäuscht. Die asiatische Kulinarik hat in St.Gallen in den vergangenen Jahren nämlich extrem ausgebaut (siehe vergangene Testessen) – und viele von ihnen bieten Sushi und Fusion-Kitchen an, die Konzepte ähneln sich stark. Doch das Izakaya Ekimae setzt neue Massstäbe in der Gallusstadt und hebt sich mit dem einfachen, aber doch genialen Konzept der authentisch japanischen Küche zum Teilen ab.

Hier werden die Speisen nicht für unseren europäischen Gaumen modifiziert, was auch mal dazu führen kann, dass bei einem Gericht der Geschmack nicht zu 100 Prozent getroffen wird, aber das ist Teil der Erfahrung. Es macht Spass auf den nächsten Gang zu warten, vielleicht ein Sake-Tasting (japanisches Nationalgetränk) zu machen und sich die detailreiche Einrichtung anzuschauen, ein japanisches Bier aus Süsskartoffeln zu schlürfen und mit Freunden oder Familie die heimelige und doch sehr stilvolle Atmosphäre zu geniessen, die sich auch perfekt für einen Business-Lunch anbietet. Bezahlen kann man nur mit Karte, was für den ein oder anderen Gast vielleicht störend sein kann.

Wir waren von der Gastfreundschaft der Mitarbeiter begeistert und haben wirklich eine Japan-Erfahrung in St.Gallen gehabt, die wir wärmstens weiterempfehlen können. Shokuyoku ōsei!

 

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Miryam Koc/stgallen24
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