Positiv fällt auf, dass die Geschäftsprüfungskommission bei gewissen Fehlbuchungen durchgedrungen ist und offensichtliche Budgetfehler bereinigt wurden. Auch die Reduktion der Mittel für individuelle Lohnerhöhungen und Leistungsprämien in der Verwaltung ist ein Schritt in Richtung Kostenbewusstsein. Es ist richtig, dass Lohnentwicklungen nicht automatisch durchgewinkt werden, sondern stärker begründet werden müssen.
Angesichts des strukturellen Defizits wäre hier jedoch eine grundlegendere Diskussion über Aufgaben, Effizienz und angemessene Lohnniveaus notwendig gewesen.
Während bei Löhnen und einzelnen Stellen zaghaft gebremst wird, zeigt sich an vielen anderen Stellen eine bemerkenswerte Grosszügigkeit. Praktisch sämtliche Investitionsvorhaben im Bereich öffentlicher Raum, Strassenräume, Veloabstellplätze, Freizeit- und Sportanlagen bleiben unangetastet.
Neugestaltung von Strassen, Pumptrack, Aufwertung von Anlagen und Weihern, Aussenräume und Konzepte, alles bleibt im Paket erhalten. Aus städtischer Sicht mag das attraktiv wirken, aus meiner Optik stellt sich jedoch die Frage, wie lange sich die Stadt ein solches Ausbautempo mit gleichzeitig hohem Defizit leisten kann.
Ähnlich widersprüchlich wirkt die Haltung im Sozial- und Betreuungsbereich.
Die von der GPK gewünschte Erhöhung der Elternbeiträge in der Tagesbetreuung wurde knapp verworfen, eine Reduktion von Löhnen im Betreuungsbereich ebenfalls. Sachlich verständlich, wenn man Qualität sichern will, fiskalisch aber anspruchsvoll.
Die Stadt verzichtet auf Entlastungen, die die eigene Kasse spürbar hätten stärken können, und verlagert die Last vollständig auf Steuerzahler, die ohnehin bereits unter einem hohen Steuerfuss leiden. Wer Entlastung für Familien will, müsste gleichzeitig dafür sorgen, dass die Gesamtfinanzen der Stadt tragfähig bleiben. Ansonsten werden spätere, drastischere Korrekturen unvermeidlich.
Auch bei spezialisierten Angeboten fällt der Entscheid oft zugunsten weiterer Ausgaben aus.
Die Erhöhung der Subvention an die sozioprofessionelle Fanarbeit beim FC St.Gallen, die Beibehaltung der vollen Kongressförderung, die Verteidigung der Sans-Papiers-Anlaufstelle, die Wiedereinsetzung der Mittel für die Biodiversitätsstrategie, all das mag politisch gut klingen.
In der Summe ergibt sich jedoch ein Muster: Viele Kürzungsvorschläge werden verworfen, die Ausgabenbasis bleibt hoch oder wächst sogar weiter. Eine echte Priorisierung nach Wirkung und finanzieller Tragbarkeit ist nur ansatzweise erkennbar.
Beim Personal zeichnet sich ein ähnliches Bild ab.
Zwar werden individuelle Lohnerhöhungen und Leistungsprämien reduziert und bei Primarschulen und Kindergärten auf Automatismen bei ungebundenen Lohnkosten verzichtet. In anderen Bereichen, etwa bei der Schulgesundheit, scheiterten entsprechende Versuche aber. Mehrere Vorstösse, zusätzliche Pensen oder Beiträge zu streichen, fanden keine Mehrheit.
Damit sendet die Stadt das Signal, dass sie zwar über einzelne Stellschrauben spricht, aber grundsätzlich nicht bereit ist, ihren Personalapparat wirklich zu verschlanken.
Besonders heikel ist die Situation rund um Klima- und Umweltpolitik.
Einerseits werden Mittel für die Biodiversitätsstrategie wieder ins Budget aufgenommen, Massnahmen im Rahmen der «Gute-Luft-Initiative» nicht zusammengestrichen und Projekte für Naherholung und Aufwertung von Grünräumen weiterverfolgt. Andererseits scheitert der Versuch, auf eine eigene Projektleitung für die Stadtklima-Initiative zu verzichten. Die Stelle bleibt im Budget, obwohl die Stadt insgesamt tief in den roten Zahlen steckt.
So entsteht der Eindruck, dass neue Strukturen und Programme aufgebaut oder erhalten werden, ohne dass vorher sauber geklärt ist, wie diese langfristig finanziert werden sollen.
Die Beschlüsse zur Waaghaus-Zwischennutzung und den dazugehörigen Budgets wirken zudem unübersichtlich. Klar ist vor allem, dass das Projekt politisch umstritten bleibt und keine breit getragene, stabile finanzielle Basis erhält. Aus bürgerlicher Sicht wäre hier mehr Transparenz und eine nüchterne Abwägung zwischen städtebaulichen Ideen und finanzieller Realität nötig.
Die Weigerung, den Steuerfuss auch nur moderat zu senken, obwohl gleichzeitig von Entlastung gesprochen wird, passt in dieses Bild.
Der Vorschlag der GPK, den Steuerfuss wenigstens auf 135 Prozent zu reduzieren, scheiterte knapp. Damit vergibt das Parlament die Chance, einen minimalen Anreiz für Unternehmen und Leistungsträger zu setzen, die in St.Gallen investieren oder bleiben sollen.
Es ist widersprüchlich, ständig von Standortattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit zu sprechen, den Steuerfuss aber am oberen Ende zu halten und gleichzeitig hohe Defizite zu akzeptieren.
Unter dem Strich entsteht das Bild einer Stadtpolitik, die vieles ein bisschen will und wenig konsequent zu Ende denkt.
Investitionen in Lebensqualität, Kultur, Sport, Klima und Biodiversität werden grosszügig unterstützt, die Strukturen der Verwaltung werden nur punktuell hinterfragt, Entlastungen für Steuerzahler bleiben aus, das Defizit bleibt hoch. Eine bürgerliche Finanzpolitik würde bei einem Fehlbetrag dieser Grössenordnung zuerst die Prioritäten ordnen, Altlasten abbauen, klare Schwerpunkte setzen und erst dann neue Wünsche erfüllen.
Für die Stadt St.Gallen bedeutet dieser Budgetentscheid, dass sie in den kommenden Jahren mit wenig Spielraum unterwegs sein wird. Steigen Zinsen, brechen Erträge weg oder kommen neue Belastungen hinzu, werden die heute nicht gefällten Entscheide nachgeholt werden müssen, vermutlich schmerzhafter und unter grösserem Zeitdruck.
Aus meiner Sicht wäre es vernünftiger gewesen, schon jetzt eine spürbare Konsolidierung einzuleiten, statt auf Kosten künftiger Generationen weiterzuleben.