Kritik gegenüber traditionellen Predigt
Als Auslöser und Inspiration für diese Aktion diente dem Seelsorgeteam ein Text der Pfarrerin Hanna Jacobs aus Hannover. In diesem Text äusserte sich Jacobs kritisch gegenüber der traditionellen Predigt, der sie einen reinen Selbstzweck diagnostiziert. Die Predigt gebe Antworten auf Fragen, die keiner stellt und erfreue hauptsächlich die Predigenden und nicht diejenigen, die der Predigt lauschen. Damit traf Jacobs einen Nerv beim Team der evang.-ref. Kirchgemeinde Straubenzell und stiess Diskussionen zur Zukunft der Predigt in der Kirchgemeinde an.
Auf der Suche nach Antworten auf diese Frage, begannen Kathrin Bolt und ihr Team bereits vor der Pandemie, «neue» Formen von Gottesdiensten anzubieten. Sie sprachen für die Dauer eines Monats ein «Predigtverbot» aus und starteten damit ein Experiment mit damals noch ungewissem Ausgang. So entstanden vielfältige Gottesdienstformate mit einem interaktiveren Charakter, beispielsweise in Form von interaktiven Stationen oder des Spielens von Rollen aus biblischen Erzählungen. Die Resonanz unter den Gottesdienstbesuchenden fiel unterschiedlich aus. Manche empfanden eine positive Steigerung der Intensität im Gottesdienst, anderen hingegen wäre es lieber, wenn alles beim Alten bliebe.
Sinnbild des Wandels
Die Idee für das Zersägen der Kanzel kam dem Kirchgemeinde-Team mit einer Nominierung Bolts zu einer Facebook-Challenge (genauer: die Motorsäge-Challenge). Mit dem bereits vor der Pandemie selbst auferlegten Predigtverbot war die Kanzel vorübergehend obsolet gemacht worden, daher fiel das Augenmerk bei dieser Challenge erneut auf die Kanzel.
Bretter aus anderen Kirchenprojekten machten aus dem daraus hergestellten Tisch ein Objekt mit Geschichten. Seitdem steht dieser Tisch in der Kirchgemeinde zur Verfügung, um gemeinsame Momente auf Augenhöhe zu erleben und dient als Sinnbild des Wandels, den die evang.-ref. Kirchgemeinde Straubenzell anstrebt.