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Stadt St.Gallen
09.11.2020
09.11.2020 11:03 Uhr

Erste Totalsanierung des Stadttheaters überhaupt

Visualisierung: Theater St.Gallen
Visualisierung: Theater St.Gallen Bild: FS
Das von 1964 an erbaute und im März 1968 eröffnete Theatergebäude von Claude Paillard, eine der europaweit bedeutendsten Architekturikonen im Stil des «Béton Brut», ist in mehrfacher Hinsicht nicht mehr up to date (es wurde 1995 letztmals umgebaut). Aber nicht mehr lange.

Die riesigen Fensterflächen im Foyer müssen energetisch saniert und asbestbefreit werden. Die Sichtbetonfassade weist Risse auf, die Türen sind undicht, die Heizungsrohre rosten, die Lüftung ist ein Fall für den Denkmalschutz. Die Garderoben: engste Verhältnisse. Die Duschen: zu schmal, selbst für schmale Tenöre. Die Waschküche für sämtliche Kostüme: ein Minikämmerlein, kaum ausreichend für einen Einpersonenhaushalt. Die Werkstätten: zusammengedrängt. Der Ballettsaal: zu niedrig für hohe Sprünge. Die Winden für die Bühnenbauten: Handbetrieb mit Kurbeln. Die Bodenheizung: defekt, fasst es Peter Surber im Magazin «Saiten» träf zusammen.

Die Mängel am Theatergebäude reichen also von den Fassaden und den Dächern über die haustechnischen Anlagen bis zur Bestuhlung und Akustik. Die energetischen Anforderungen können ebenso wenig eingehalten werden wie die Sicherheitsvorschriften; sanitäre Einrichtungen verstossen gegen Arbeitsplatzvorschriften, geschlechtergetrennte Toiletten etwa fehlen – aber nur noch bis Herbst 2022, dann soll die Renovation des Theaters abgeschlossen sein.

Unter Berücksichtigung der neuen Rahmenbedingungen und Vorgaben ist ein Erweiterungsanbau mit einer Nutzfläche von 750 Quadratmeter vorgesehen. Dieser wird an der nordwestlichen Gebäudeecke realisiert – selbstverständlich im klassischen Sechseck-Grundriss. Mit der zusätzlichen Fläche können angemessene Künstlergarderoben und Maskenräume zur Verfügung gestellt werden.

Die Decke im Bühnenbildlager wird erhöht, damit Bühnenbilder entsprechend Platz finden. Dasselbe gilt auch für die Decke des Ballettsaals, wodurch ein zeitgemässer Probebetrieb möglich wird. Leicht zurückgebaut wird die Betonüberdachung des Vorplatzes; der Platzcharakter zwischen Tonhalle, Museum und Theater soll so wieder besser zur Geltung kommen.

Eine umfassende Fassadensanierung infolge Risse und Abplatzungen, diverse Instandsetzungen von Gebäudetechnikanlagen, Stark- und Schwachstrominstallationen und dazugehörige Steigzonen stehen ebenfalls auf dem Programm, um auch in Zukunft einen ordentlichen Betrieb zu garantieren.

Das Theater in Zahlen

Betonbau mit einem sechseckigen Grundriss, derauch Guckkastenbühne und Zuschauerraum alsSechseck definiert.

Platzkapazität: 740 Plätze

Portal fahrbar: 9–13 m breit, 5,5–7 m hoch

Bühne: 12,5 m tief(bei Anhebung des Orchestergrabens 17 m)

Schnürbodenhöhe: 22 m
• Orchestergraben für circa 76 Musiker
• Seitenbühne links 205 m2
• Hinterbühne 185 m2, Wagenbühne

Studiobühne: Variable sechseckige Raumbühne/150 m2, 4,3 m hoch/Platzkapazität/max. 140 Plätze

Nach einem Architekturstudium an der ETH Zürichbei Friedrich Hess, William Dunkel und Hans Hofmanngründete Claude Paillard (1923-2004) 1947 mit ehemaligenStudienkollegen das Architekturbüro CJPCramer+Jaray+Paillard in Zürich, das er bis 1966 führte.Ab 1981 arbeitete Paillard mit Peter Leemann, derab 1962 schon bei CJP mitgearbeitet hatte, Robertund Gaby Bass sowie Werner Rafflenbeul zusammen,worauf es 1987 zur Gründung der Paillard, Leemannund Partner AG, ebenfalls in Zürich, kam. Paillardsbekanntester Bau ist das in den Jahren 1964–68 erbauteTheater St.Gallen, dessen Gestaltung durch diedurchgehend konsequente Verwendung des regelmässigenSechsecks und somit von 60°-Winkelngeprägt ist. In der Folge erhielt Claude Paillard zahlreicheEinladungen zu Ausschreibungen im InundAusland.

Dieser Text ist aus der LEADER Ausgabe Oktober. Die LEADER-Herausgeberin MetroComm AG aus St.Gallen betreibt auch stgallen24.ch.

leaderdigital.ch/stz.
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