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Gast-Kommentar
Stadt St.Gallen
07.12.2022
07.12.2022 09:32 Uhr

«Olibet und Rau für Schepenese ausleihen»

Remo Daguati wohnt in St.Gallen
Remo Daguati wohnt in St.Gallen Bild: who-s-who.ch
Der Streit um den künftigen Standort der berühmtesten Mumie der Schweiz bewegt. Der FDP-Kantonsrat (und ehemalige Stadtparlamentarier) Remo Daguati hätte einen Vorschlag, wie es weitergehen könnte.

Peter Olibet fordert in einem politischen Vorstoss von der Stadt St.Gallen, dass Massnahmen geprüft werden, wie die Mumie Schepenese wieder nach Ägypten zurückgeführt werden kann. Was halten Sie von dieser Aktion ihres ehemaligen Ratskollegen, Remo Daguati?

Peter Olibet hatte bislang immer ein feines Näschen für die wirklich dringlichen Themen. Daher ist es etwas sonderbar, dass er zusammen mit Milo Rau in Zeiten des von links-grün verursachten Energienotstands und kriegerischen Auseinandersetzungen direkt vor den Toren Europas einen Kulturgüterstreit lanciert. Deshalb sollten wir diese emotionale Diskussion in neue Bahnen lenken.

Was meinen Sie mit «neuen Bahnen»?
Anstatt der Frage einer Rückführung von Schepenese könnten wir uns doch auch überlegen, was St.Gallen im Sinne eines Gegengeschäfts an Ägypten ausleihen könnte. Da sich Peter Olibet und Milo Rau dermassen ins Zeug legen, unsere traditionellen Beziehungen zum demokratischen Bruderland Ägypten zu kitten, sollten wir für die zwei ein polit-kulturelles Projekt lancieren. Die Protagonisten darin wären konsequenterweise Olibet und Rau.

Haben Sie bereits eine Idee für ein solches polit-kulturelles Vorhaben?
Die Stadt St.Gallen vergibt ja seit Jahren Kulturschaffenden die Möglichkeit, in einem Atelierbüro in Kairo ihre Zeit zu verbringen. Milo Rau und Peter Olibet könnten sich dort für einige Monate einrichten. St.Gallen würde die beiden so quasi an Ägypten ausleihen. Die Ausleihe wäre eine Kompensation dafür, dass die Mumie Schepenese weiterhin ihr würdiges Dasein in der Stiftsbibliothek von St. Gallen fortführen kann. Ich werde mich im Kantonsrat einsetzen, dass dies über den Lotteriefonds finanziert wird. Die Stadt ist ja finanziell nicht mehr auf Rosen gebettet.

Ist das nicht eine reichlich groteske Wendung?
Die Idee ist etwa ähnlich ungewohnt und vielleicht für einige genauso absurd, wie die Forderungen von Rau und Olibet. Aber führen wir doch dieses Gedankenspiel einmal weiter. Peter Olibet ist ja in seinem politischen Wirken in der Stadt St.Gallen darauf spezialisiert, der Bevölkerung überaus geschätzte Dinge zu entreissen. So konnte er mit seinen Vorstössen die Initianten des Eiszaubers erfolgreich aus der Stadt verjagen. Wir müssten versuchen, bei diesem polit-kulturellen Experiment die Kräfte von Olibet wie Rau auch in Ägypten zum Tragen zu bringen.

Welchen Zweck hätte denn dieser Aufenthalt?
Olibet könnte ein autofreies Kairo fordern. Damit würden über die Jahre wenigstens ein Teil der Emissionen kompensiert, welche durch das Einfliegen tausender Regierungsbeamter an der kürzlich in Sharm el Sheik durchgeführte Weltklimakonferenz entstanden.

Und was wäre die Rolle von Milo Rau?
Milo Rau könnte seinen Wilhelm Tell für einmal nicht im zwinglianischen Zürich, sondern im Land der Pharaonen aufführen. Die Thematik des Tyrannenmords ist in Ägypten sicher etwas gewagter, aber vielleicht entdecken wir so endlich einmal die progressive Seite von Milo Rau.

Ihre Forderung erinnert stark an Zeiten, als man politischen Gegner nach Moskau wünschte?
Der Fokus sollte thematisch unbedingt auf Ägypten gerichtet bleiben. Die Ausleihe von Peter Olibet und Milo Rau wäre zudem nur auf Zeit.

Wie meinen Sie das?
Olibet stört sich offenbar daran, dass die Stiftsbibliothek Geld dafür verlangt, damit Besucher eine Mumie besuchen. Da das Ägyptischen Museum in Kairo voller Mumien ist, müsste Olibet bei seinem Aufenthalt im Minimum erreichen, dass der Eintritt dort ebenfalls gratis wird. Ich befürchte aber, dass spätestens dann die ägyptische Regierung an St.Gallen treten wird mit dem diplomatischen Wunsch, man möge doch die beiden Sympathieträger zurückrufen. Diesem Wunsch müsste man dann rasch entsprechen. Wir wollen ja keine nachhaltigen Reputationsschäden.

stgallen24
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