Kürzlich sagte Sepp Blatter öffentlich, er sei von Anfang an gegen die WM in Katar gewesen – und habe auch dagegen gestimmt. Trotzdem blickt er mit grossem Interesse in den Nahen Osten und ist bereit, ab Sonntag diese vieldiskutierte Weltmeisterschaft im Verbund von Portal24, zu dem 17 lokale Online-Portale gehören, zu kommentieren.
Blatter und die WM auf stgallen24
Dies freut uns. Denn Joseph S. Blatter ist auch nach seinem Abgang bei der FIFA ein vielbeschäftigter Mann. Weltweit zählt er neben Roger Federer und Martina Hingis zu den drei bekanntesten Schweizern. Blatter: «Würde ich jede Einladung annehmen, müsste ich täglich mindestens drei Mal zu Mittag essen.»
Grosse Härte gegen Infantino
Mit dem folgenden Interview steigt stgallen24 in den arabischen WM-Monat ein. Dabei hofft Blatter natürlich, dass die Schweizer Nationalmannschaft einmal mehr zur Hochform aufläuft. Weniger gut gesinnt ist er seinem Nachfolger Gianni Infantino gegenüber, mit dem er in erstaunlich grosser Härte abrechnet. Kritische Töne gibt es auch zu Michel Platini. Erstaunlich auch: Der Ex-Fifa-Präsident, der die Fifa zu einem reichen, weltumspannenden Konzern machte, wünscht sich heute, dass der Fussball «wieder zu seinen Wurzeln zurückkehrt, die sozialkulturelle Bedeutung zurückgewinnt und nicht nur die weitere Kommerzialisierung anstrebt.»
Herr Blatter, wie geht es Ihnen?
«Sehr gut. Für die Olympischen Spiele im Marathonlauf werde ich mich zwar nicht mehr qualifizieren. Aber das Chassis ist wieder repariert – und der Kopf voll da. Und ich freue mich auf die Weltmeisterschaft. Dank meinem grossen TV-Bildschirm bin ich in meiner Wohnung in Zürich jederzeit auf Ballhöhe.»
Welches Gefühl haben Sie, wenn Sie nach Katar blicken? Schliesslich ist der Austragungsort bis heute höchst umstritten.
«Fussball ist das schönste Spiel der Welt – es fasziniert mich, egal wo es gespielt wird. Aber für mich war immer klar: Katar war ein Irrtum. Irgendwie haben viele die Situation falsch eingeschätzt – auch ich. Als die Kandidatur des Emirats einging, glaubte niemand an eine echte Chance dieser Bewerbung.»
Da hat sich vieles geändert, heut lebt sogar Fifa-Präsident Gianni Infantino in Katar.
«Mir ist das schleierhaft. Er kann doch nicht Chef der lokalen WM-Organisation sein. Das ist nicht seine Aufgabe. Dafür gibt es zwei Organisationskomitees – ein lokales und eines der Fifa. Der Fifa-Präsident müsste die Oberaufsicht haben. Ein Beispiel: Es gibt ja den Vorschlag, man solle für die verstorbenen Arbeiter und die Hinterbliebenen einen Fonds einrichten. Katar sagt «Nein». Was soll jetzt die Fifa entgegnen, wenn ihr Präsident mit Katar im selben Boot sitzt?»