TRÖCKNETURM
Die Erhaltung des Tröckneturms verdanken wir dem Architekten Hans Jörg Schmid. In diesem Industriedenkmal wurde eine Ausstellung eingerichtet, die in der Schrift „Geschichte im Tröckneturm zu Schönenwegen in St.Gallen“ von 2007 beschrieben ist. (Der über hundert Seiten starke Band wurde von Ernst Ziegler unter Mitarbeit von Maria Hufenus, Hans-Peter Kaeser, Marcel Mayer, Stefan Sonderegger und Daniel Studer verfasst und zum 60. Geburtstag von Hans Jörg Schmid von Rolf Stehle herausgegeben.)
In diesem eindrucksvollen Bauwerk referierte ich oft über das „weisse Gold“ der Stadt St.Gallen, über Leinwand, Baumwolle und Stickerei sowie über die bauliche Entwicklung und den Fortschritt der Stadt: Theater, Tonhalle, Museen, Fussballclub, Volksbad, Rennbahn.
Hier fanden auch oft die Anlässe des „Liberalen Forums“ statt, wozu Geistesgrössen und Politiker eingeladen wurden, und zwar ohne Presse, damit wirklich frei diskutiert werden konnte, ohne dass man nachher von unbedarften Journalisten ungenau oder gar falsch zitiert wurde (was mir immer wieder passierte).
Irgendwann wurde der Tröckneturm vom Textilmuseum übernommen. Zwei der damaligen Direktorinnen stammten aus Wien und hatten keine Ahnung von unserer Geschichte. Diese textilen Koryphäen verboten mir dann, im Tröckneturm zu führen mit dem Argument, ich hätte mein Wissen vom Textilmuseum. Sie wussten natürlich nicht, dass das viele Wissen, welches die dortigen Führerinnen bekommen hatten, von mir stammte! Das bewog mich dann, das Textilmuseum, in welchem ich jahrelang geführt hatte, von meiner Angebotsliste zu streichen.
DIE UNTERSCHÄTZTE STIFTSBIBLIOTHEK
Ein Professor aus Genf, der an unserer Universität einen Vortrag gehalten hatte, wurde von mir abgeholt, um ihm die Stiftsbibliothek zu zeigen. Er aber wollte nur „ein paar alte Häuser sehen und etwas über die Geschichte St.Gallens hören“. Ich schlug ihm vor, wenigstens einen Blick in die Stiftsbibliothek zu werfen und dann das Weitere zu entscheiden. Nach zwei Stunden waren wir immer noch in der Stiftsbibliothek. Er war ganz begeistert und meinte, St.Gallen verkaufe sich sehr schlecht! Inzwischen dürfte sich das jedoch gebessert haben.
Mit einer Gruppe israelischer Journalisten erlebte ich dasselbe: „We are tired, we don`t want to see that library!“ Als ich sagte, es sei zur Zeit eine der ältesten Abschriften von Josephus Flavius (37/38 um 100) ausgestellt, wurden sie aufmerksam. Sie blieben, bis die Bibliothek geschlossen wurde, und wollten nicht nach Luzern weiterreisen mit der Begründung, Berge seien zwar schön, aber sie hätten sie gesehen; aber diese Kultur sei faszinierend. Als sie dann noch erfuhren, dass am Abend ein Konzert in der Kathedrale stattfand, musste der schweizerische Verkehrsdirektor, mit vorwurfsvollem Blick auf mich, umbuchen. Für mich war das ein wahrer Triumph!
Einmal hatten Studenten aus Bern anderthalb Stunden Stiftsbibliothek und Kathedrale gebucht. Nach zwei Stunden in der Stiftbibliothek wurde die Besichtigung der Kathedrale auf ein nächstes Mal verschoben, obwohl es damals in der Bibliothek nur den Barocksaal mit der Ausstellung zu sehen gab.
Durch das Epitheton ornans (schmückendes Beiwort) „Weltkulturerbe Stiftsbezirk St.Gallen“ wurde es ein wenig besser. Früher gab es auch keinen Katalog, sondern nur kleine Broschüren. Später wurden die Kataloge jeweils erst Mitte Jahr fertig. Erst als Franziska Schnoor kam, änderte sich das, und die umfangreichen Kataloge erschienen rechtzeitig zur Eröffnung der neuen Ausstellung.
ASGT ASSOCIATION SUISSE DES GUIDES TOURISTIQUES
Ein Kunde machte mich aufmerksam, dass es in Schaffhausen eine Führerin gebe, die sehr viel wisse. Da ich am Anfang auch Führungen in Appenzell und Schaffhausen machte, weil dort keine Führungen in italienischer Sprache angeboten wurden, suchte ich Kontakt zu Rixa Müller. Die erklärte mir, dass es Bestrebungen gäbe, eine Vereinigung der Stadtführerinnen und Reiseleiter zu gründen, Endziel sei, einen anerkannten Beruf anzustreben. Wir gründeten dann den „Verein Schweizerischer Reiseleiter und Stadtführer“.
Rixa Müller und ich leiteten zehn Jahre lang die Fortbildung: Zuerst Weltkulturerbe, dann Weltnaturerbe, später Gebräuche in den verschiedenen Gegenden der Schweiz (Aargau, Thurgau, Jura).
Aber nicht nur Geschichte und Kunstgeschichte wurden geboten. Wir besuchten auch das Kernkraftwerk Gösgen und den längsten Tunnel durch den Gotthard. Dank meines Mannes der im „Verein Schweizerischer Archivare“ war, fand ich immer hervorragende Referenten. Als Ariel P. Haemerlé begann, simultan zu übersetzen, wurden die Anlässe immer besser. Die Schönheit und Vielfalt der Schweiz wurden mir erst durch die Veranstaltungen der ASGT richtig bewusst.
Nach den Statuten mussten Rixa Müller und ich nach zehnjähriger Tätigkeit aufhören. Wir fanden aber gute Nachfolgerinnen, Ruth Blaser und Marie-Christine Egger. Dank dem Wachstum des Vereins war auch mehr Geld für die Weiterbildungen vorhanden.
Leider gab es Tourismusdirektoren, die meinten, unsere Ausbildung würde sich nicht lohnen und sie nicht beeindrucken, wir wurden weder mit Geld noch mit Buchmaterial unterstützt. Ich war anderer Meinung, denn es ist doch nicht egal, wie die Schweiz verkauft wird!.