«Am Samstag, dem1. April 1944, wurde Schaffhausen bombardiert.
Aus „familiären Gründen“ möchte ich zu diesem wohl schwersten Bombardement in der Schweiz während des Zweiten Weltkriegs etwas schreiben. Mein Bruder Willy Thurnherr war damals 14 Jahre alt und ging in Schaffhausen zur Schule.
Er erzählte mir Folgendes: An diesem Samstagvormittag wurden wir instruiert, wie ein Frachtbrief richtig ausgefüllt werden muss. Der Samstagvormittag war noch nicht schulfrei. Kurz vor elf Uhr heulten die Sirenen. Das war nichts Besonderes. Bis fünfmal pro Tag ertönten die Sirenen. Meistens waren es einzelne Flieger, die den Schweizer Luftraum verletzten.
An diesem Tag war alles anders. Die Fenster klirrten vom dumpfen Brummen der Flieger. Wir rannten sofort an die Fenster. Drei Staffeln sogenannter „Fliegender Festungen“ hatten sich Schaffhausen genähert. Die erste Staffel hatte bereits Schaffhausen erreicht. Eine zweite überflog den östlichen Teil des Kohlfirsts, und die Flieger der dritten glitzerten weiter südlich im kaum bewölkten Frühlingshimmel.
Kleine Wolken und Detonationen in der mittleren Staffel machten uns misstrauisch und der Lehrer meinte: „Das ist sicher die Fliegerabwehr; gehen wir doch lieber in den Luftschutzkeller!“ Kaum im Keller, schüttelte und krachte es gewaltig. Staub wurde aufgewirbelt. Verängstigt schauten wir auf unsere Pädagogen. Einer meinte: „Jetzt sind in der Nähe Bomben niedergegangen; aber sicher nicht in Schaffhausen.“
Nach Sekunden oder Minuten stürmte ein Italiener in den Schutzraum und rief: „Schaffhausen bombardiert, alles kaputt!“ Nach einiger Zeit, ich glaube, wir haben den Endalarm nicht abgewartet, verliessen wir den Keller.
Mein Bruder Willy kann sich noch gut an die Schäden erinnern und zählte sie detailliert auf. Dass die Steigkirche neben dem Schulhaus und nicht das Schulhaus mit über hundert Schülern getroffen wurde, hält er für „Glücksfall, Zufall oder Vorsehung“.