Die Fakten stellen sich aber ganz anders dar. Die wirklichen Nutzniesser der Digitalisierung und zugleich To-tengräber der regionalen und lokalen Medien sind die Zürcher Medienkonzerne TX Group (Tagesanzeiger-Gruppe) und Ringier. Denn diese ziehen vor allem regionale Inserate auf ihre Online-Plattformen, machen damit das grosse Geschäft und bluten gleichzeitig ihre eigenen regionalen Titel sowie die kleinen Verlage aus.
Ende August 2021 haben Ringier und TX Group angekündigt, dass sie ihre bekannten Online-Marktplätze wie Homegate, Ricardo, tutti oder Scout24 in ein neues, gemeinsames Digitalunternehmen einbringen. Der Wert des neuen Unternehmens wird von den involvierten Parteien mit 2.7 Mrd. Franken angegeben.
Die Perspektiven für dieses Geschäft sind so gut, dass der Aktienkurs der TX Group nach der Ankündigung innert 10 Tage um über 80% in die Höhe schnellte, obwohl die JobCloud AG der TX Group (Online-Marktplatz für Stelleninserate) darin noch nicht einmal enthalten ist. Mit einem Aktienanteil von 69% profitierte allein die Besitzerfamilie Supino/Coninx mit einen steuerfreien Vermögenszuwachs von über 500 Millionen Franken in 2 Wochen.
Die eigenen Zeitungen gezielt ausbluten
Eigentlich muss man vor diesem Hintergrund nicht von TX Group oder Ringier, sondern von deren Medientiteln wie Tagesanzeiger oder Blick sprechen. Denn über Jahrzehnte waren die Einnahmen aus Stelleninseraten, Kleinanzeigen, Immobilien- und Wohnungsinseraten oder aus dem Automarkt wichtige Ertragsbringer für die Tageszeitungen. Die finanzgetriebenen Zürcher Medienkonzerne lagerten diese Erträge nun aber in eigenständige Firmen aus, die sogenannten Online-Marktplätze.
Damit fehlen den gedruckten Zeitungen heute diese Einnahmen auf der Ertragsseite, womit die Zeitungen in die roten Zahlen rutschten. Während mit den Online-Portalen das ganz grosse Geld gemacht wird, klagen deren Besitzer als Verleger nun über nicht mehr rentierende Zeitungen. Dass sie mit diesem Falschspieler-Trick Bundesrätin Sommaruga und das Parlament über den Tisch ziehen konnten und mit staatlichen Subventionen ihre zuvor ausgebluteten Zeitungen wieder auf Vordermann bringen wollen, ist schlicht unglaublich. Ein Trauerspiel zulasten der Steuerzahler, zum Schaden der regionalen Medien und vor allem unserer Demokratie.
Wenn die Schlagzeile «Gewinne privatisieren – Schulden sozialisieren» einmal ihre Berechtigung hat, dann hier und jetzt.