Grosse börsenkotierte Unternehmen mit Sitz in der Schweiz sollen in Zukunft mehr Kaderstellen mit Frauen besetzen. Das haben National- und Ständerat im Juni 2020 bei der Revision des Aktienrechts so entschieden. Konkret gilt ab 2026 ein Richtwert von 30 Prozent Frauen im Verwaltungsrat und 20 Prozent Frauen in der Geschäftsleitung.
Anteil Verwaltungsrätinnen leicht zugenommen
Bei den grössten Unternehmen, die im SMI-Index zusammengefasst sind, hat der Anteil Verwaltungsrätinnen in den vergangenen Jahren leicht zugenommen; er liegt inzwischen bei 27 Prozent. Bei den mittelgrossen Unternehmen hingegen stagniert der Frauenanteil in den Führungsgremien; je nach Studie liegt der Frauenanteil in den Verwaltungsräten zwischen 16 und 21 Prozent.
Das Institut für Qualitätsmanagement und Betriebswirtschaft der OST – Ostschweizer Fachhochschule hat nun untersucht, weshalb die Frauenwahl bei mittelgrossen Unternehmen zu kurz kommt. Die beruflichen Netzwerke und die Selektion von spezialisierten Rekrutierungsunternehmen spielten dabei eine entscheidende Rolle, so das Fazit der Studie.
«Verharren in alten Mustern»
«Historisch bedingt bauen in der Schweiz vielfach Führungskarrieren auf Militärkarrieren auf, wodurch Männern mehr und weitreichendere Führungskompetenz zugebilligt werden. Und es bilden sich wichtige Netzwerke», sagt Sibylle Olbert-Bock, Professorin für Leadership und Personalmanagement an der OST.
Männlich geprägte Netzwerke seien auch heute noch mitentscheidend, wenn es um die Selektion von Kandidaten ginge. Hinzu komme, dass die Profilformulierungen häufig auf Männer zugeschnitten seien; so würden beispielsweise Kompetenzen in Finanzen, Management und Recht höher gewichtet als Human Resources und Marketing. «An vielen Stellen führt ein ‹Verharren in alten Mustern› dazu, dass Frauen im Besetzungsprozess deutlich im Nachteil sind», so Olbert-Bock.
Aber auch bei den Netzwerken können Frauen nicht richtig punkten. Einerseits haben reine Frauennetzwerke im Besetzungsprozess eher mittelbare Relevanz, andererseits nutzen Frauen die eigenen Netzwerke weniger ausgeprägt als Männer – auch in den Sozialen Medien. Das Fazit von Sibylle Olbert-Bock: «Der Aufbau von Netzwerkkompetenz ist wesentlich, wenn es darum geht, ein Verwaltungsratsmandat anzustreben.»