Das Gesundheitsdepartement des Kantons St.Gallen ermöglicht Personen mit einem ausländischen Ausbildungsabschluss neu, ihren Beruf im Gesundheitswesen schneller auszuüben. Eine neue Überbrückungsbewilligung erlaubt die Tätigkeit unter Aufsicht, während das Anerkennungsverfahren für den ausländischen Abschluss noch läuft.
Personen, die ihre Ausbildung im Ausland absolviert haben, müssen ihre Qualifikationen in der Schweiz anerkennen lassen, bevor sie im Gesundheitswesen tätig werden dürfen.
Zuständig für die Anerkennung sind je nach Beruf die eidgenössische Medizinalberufekommission oder das Schweizerische Rote Kreuz. Diese Verfahren können mehrere Monate bis zu einem Jahr dauern.
Da das Gesundheitsdepartement keinen Einfluss auf die Dauer dieser Verfahren hat, hat die St.Galler Regierung die kantonalen Verordnungen angepasst.
Seit dem 1. November 2025 können betroffene Personen eine Überbrückungsbewilligung beantragen.
Sie ermöglicht die Berufsausübung unter fachlicher Aufsicht, bis die offizielle Anerkennung vorliegt. Die neue Regelung nützt nicht nur den betroffenen Fachpersonen, sondern auch den Gesundheitsbetrieben im Kanton St.Gallen.
Diese stehen im Wettbewerb um qualifiziertes Personal und sollen durch die Überbrückungsbewilligung wettbewerbsfähiger werden. Andere Kantone haben ähnliche Regelungen bereits eingeführt oder lassen die Tätigkeit unter Aufsicht auch ohne Bewilligung zu.
Für Peter Roth, CEO der Medfit-Gruppe mit neun Standorten in der Ostschweiz, ist der Entscheid «ein überfälliger Schritt».
Er begrüsst die neue Regelung ausdrücklich: «Der Entscheid des Kantons St.Gallen, die positiv bewerteten Prechecks des Schweizerischen Roten Kreuzes anzuerkennen und damit eine pragmatische Übergangsregelung zu schaffen, ist ein wichtiger Schritt nach vorn. Er erlaubt es Gesundheitsfachpersonen mit ausländischen Diplomen, unter fachlicher Aufsicht tätig zu sein, während das Anerkennungsverfahren noch läuft.»
Gerade in den Grenzkantonen St.Gallen und Thurgau sei dieser Entscheid von grosser Bedeutung, so Roth weiter: «Schon heute stammen zwei von drei Fachkräfte in der Physiotherapie, Pflege oder ähnlichen Gesundheitsberufen aus dem umliegenden Europa. Ohne diese Mitarbeitenden wäre die Grundversorgung vielerorts nicht mehr aufrechtzuerhalten.»
Andere Kantone hätten bereits ähnliche Lösungen gefunden, teilweise auch ohne gesetzliche Grundlage – einfach aus praktischer Notwendigkeit heraus. «Nun folgt auch St.Gallen diesem Weg und setzt damit ein wichtiges Signal: Bürokratische Prozesse dürfen nicht zu einem Flaschenhals für die Versorgungssicherheit werden», betont Roth.
Der Fachkräftemangel sei längst Realität und kein fernes Zukunftsproblem mehr.
Ähnlich wie im Bereich der Hausärzte drohe auch in der ambulanten Therapie ein Engpass, wenn der Zugang für qualifizierte Fachpersonen zu stark reglementiert bleibe. «Die Übergangsbewilligung bietet hier eine Brücke, bis die nationalen Anerkennungsverfahren beschleunigt oder angepasst sind», erklärt Roth.
Besonders profitieren von der neuen Regelung die nichtuniversitären Gesundheitsberufe, insbesondere die Physiotherapeuten. Bei den universitären Medizinalberufen wie Ärzten ist eine Überbrückungsbewilligung hingegen nicht möglich, da das Bundesrecht eine Registrierung im Medizinalberuferegister zwingend vorschreibt.
Alleine für Physiotherapeuten sind zurzeit schweizweit rund 250 Stellen ausgeschrieben, davon 50 in der Ostschweiz. «Diese Zahlen zeigen eindrücklich, wie dringend der Handlungsbedarf ist», sagt Peter Roth. «Der Schritt des Kantons St.Gallen ist daher mehr als nur eine Verwaltungslösung. Er ist ein Signal des Vertrauens – gegenüber den ausländischen Fachkräften, gegenüber den Institutionen, die sie beschäftigen, und letztlich gegenüber der Bevölkerung, die auf eine funktionierende Grundversorgung angewiesen ist.»
Gleichzeitig bleibe die Schweiz strukturell auf Zuwanderung im Gesundheitswesen angewiesen.
Der Rückgang der Studierendenzahlen in der Physiotherapie und Pflege verstärke diese Abhängigkeit zusätzlich. «Statt sie zu verdrängen, gilt es, sie aktiv zu gestalten – mit klaren Qualitätsstandards, aber auch mit realistischen Zugängen zum Arbeitsmarkt», so Roth abschliessend.
Die Überbrückungsbewilligung kann ab sofort über die Webseite des Kantons St.Gallen beantragt werden: www.sg.ch