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Stadt St.Gallen
08.10.2025

St.Gallen als «Smart City»?

Patrick Jetzer
Patrick Jetzer Bild: Archiv
St.Gallen versteht sich als «Smart City». Doch was heisst das konkret – und wer profitiert wirklich davon? Patrick Jetzer hinterfragt in seinem Leserbrief die Digitalisierung der Stadt, mögliche Abhängigkeiten von Techkonzernen und die Kosten für ein Konzept, das für ihn nicht nur Chancen, sondern auch Risiken birgt.

«Schon vernommen? St.Gallen ist eine Smart City. Nicht erst seit gestern – schon lange ist die Gallusstadt Teil dieses globalen Konzeptes. Ein Gesamtkonzept, das steht, und die städtischen Strategiepapiere rühmen, man müsse das Rad nicht neu erfinden. Richtig: Man kann vieles Gewünschte übernehmen. Man muss jedoch auch Unsinn übernehmen, um «part of the game» zu sein – egal, ob man eine Millionenstadt wie New York oder eine Kleinstadt wie St.Gallen ist. Inkludiert werden Schwächen und Fragwürdigkeiten.

Die Digitalisierung hat Gutes und Schlechtes. Fällt der Begriff Digitalisierung, entfällt kritisches Hinschauen zu oft. Wird dennoch Kritik geäussert, folgt häufig der Vorwurf der Rückständigkeit – oder dass man die Entwicklung ohnehin nicht aufhalten könne. Als demokratische Gesellschaft sollten wir jedoch den Anspruch an uns selbst haben, gestalten und mitgestalten zu wollen.

Was wäre denn an Smart City zu hinterfragen?

Smart City, also die Stadt St.Gallen, fördert «smartes Wohnen». Der in den städtischen Strategiepapieren namentlich erwähnte selbstbestellende Kühlschrank lässt grüssen! St.Gallen fördert eSport – ich habe extra nachgeschaut, was darunter zu verstehen ist: Es sind keine Gymnastik-Clips, es sind tatsächlich Computerspiele! Die Stadt St.Gallen erstellt zudem ein Funktechnologie-Netz LoRaWAN (Long Range Wide Area Network).

Mir stellt sich hier wirklich die Frage, ob dies die Aufgabe der Stadt ist und ob da nicht gewisse Brancheninteressen dahinterstehen. Schaut man sich an, wer hinter dem Smart-City-Konzept steht, so sind es die globalen Digitalkonzerne. Schaut man sich an, wer die Supporter der Smart-City-Umsetzung in St.Gallen sind, so sind es ebenfalls Techfirmen, Dienstleister und Interessenten der Digitalisierung.

Was kostet die ganze Digitalisierung – das Konzept, die entsprechenden Stellen, welche dafür eingesetzt wurden – und konnten damit im Gegenzug Personalkosten eingespart werden? Eine durchaus berechtigte Frage bei einer Kleinstadt mit etwa 1,2 Milliarden Franken Verschuldung.

Lichtimmissionsreglement

In meinem letzten Schreiben habe ich über die Vorlage des Lichtimmissionsreglements informiert. Dieses für die Bevölkerung sehr einschneidende Reglement könnte bei entsprechender Umsetzung sehr einfach durchgesetzt werden. Ein paar Sensoren, welche über das LoRaWAN «Lampensünder» voll digitalisiert erfassen und die entsprechenden Bussgelder zusenden – technisch problemlos machbar. Natürlich wird das nicht morgen der Fall sein, aber die Frage stellt sich mehr nach dem Wann als nach dem Ob.

Hoffnungsschimmer

Offenbar gibt es erste Gegenwehr aus der Bevölkerung. Im Zürcher Bezirk Uster hat sich «go-offline» etabliert, an dem sich bereits zahlreiche Gemeinden beteiligen. Ziel: Kinder bis vier Jahre vom Bildschirm fernzuhalten. Zwar ein bescheidener, aber immerhin ein erster Schritt – wogegen die IT-Bildungsoffensive des Kantons St.Gallen selbst Kindergärten mit iPads ausrüstet. Wollen wir Silicon Valley tatsächlich steuerlich subventionieren?»

Patrick Jetzer, Aufrecht St.Gallen
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