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Leserbrief
Stadt St.Gallen
01.04.2025

«Es gibt mehr als zwei politische Richtungen»

Patrick Jetzer: «Mehr Bodenständigkeit wäre angebracht»
Patrick Jetzer: «Mehr Bodenständigkeit wäre angebracht» Bild: Collage: stgallen24
In politischen Debatten wird oft in Links und Rechts gedacht – doch das greife zu kurz, findet Patrick Jetzer. In seinem Leserbrief plädiert er für eine differenziertere Betrachtung politischer Richtungen und warnt vor der wachsenden Konfrontation autoritärer Systeme. Seine Lösung: mehr Freiheit, mehr Toleranz – und weniger ideologische Rechthaberei.

«In der politischen Debatte wird vieles vereinfacht. Links, rechts und allenfalls noch die Mitte gelten als gängige Kategorien. Doch diese lineare Einteilung greift zu kurz.

Es gibt auch eine vertikale Dimension: oben und unten, oder anders gesagt, autoritär versus freiheitlich. Das Nolan-Diagramm veranschaulicht dieses erweiterte Modell. Es lohnt sich, den Blick zu weiten.

Wenn vier autoritäre Linien aufeinandertreffen

Die Hauptakteure des heutigen globalen Spannungsfelds – USA, EU, Russland und China – werfen sich gegenseitig Autoritarismus vor. Die EU und auch die Schweiz, ebenso wie viele Medien, lassen kaum eine Gelegenheit aus, Russland, China und seit Kurzem auch die USA als autoritär darzustellen.

Aber ist die EU nicht ebenso autoritär – nur anders organisiert? Macht es einen Unterschied, ob man die Macht in Brüssel dem «Apparat» oder Frau von der Leyen zuschreibt?

Das Nolan-Diagramm Bild: zVg

Vier autoritäre Linien prallen aufeinander. Jede beansprucht moralische Überlegenheit und alleinige Wahrheit. Konflikte sind so vorprogrammiert – und wir erleben, wie sie sich verschärfen.

Medien: Wahrheit oder Monopol auf Meinung?

Trump ist ein Lügner, Putin und Xi Diktatoren – so wird es vermittelt. Ihre Medien seien gleichgeschaltet. Aber wie kritisch sind unsere Medien gegenüber den Regierenden? Ist die Berichterstattung objektiv, frei, unabhängig? Und können wir frei wählen, welche Medien wir unterstützen?

Man denke nur an SRF-Gebühren oder staatliche Unterstützung sogenannter privater Medien. In Deutschland wird sogar diskutiert, das Verbreiten von «Lügen» unter Strafe zu stellen. Doch wer entscheidet, was wahr ist?

Niemand hat 100 Prozent recht

Wenn unsere Medien objektiver sind als andere – sagen wir zu 60 statt zu 40 Prozent –, dann bleibt immer noch eine Grauzone. Daraus folgt: Niemand ist im Besitz der absoluten Wahrheit. Wer mit moralischer Gewissheit auf Konfrontation drängt, trägt zur Eskalation bei.

Emotionalisierte Aussagen wie «Putin ist ein Mörder» oder «Xi hat bereits Hunderte Millionen Taiwanesen ermordet» führen zu gesellschaftlicher Spaltung – auch im Westen.

Wem nützt dieser Hass?

Die Bevölkerung ist bereit, höhere Steuern zu bezahlen, um gegen diese «Feinde» vorzugehen. Ukraine-Unterstützung, Aufrüstung, NATO-Beitritt, Auslandseinsätze – all das wird salonfähig. Französische und britische Soldaten könnten tatsächlich an der Front stehen.

Warum? Weil Hass auf Russland geschürt wird. Doch sind Sie sich so sicher, im Recht zu sein, dass Sie Ihr Leben dafür geben würden?

Die Lösung liegt im freiheitlichen Denken

Das Motto «Leben und leben lassen» beschreibt eine politische Haltung, die Konflikte entschärfen kann – innen- wie aussenpolitisch. Weg vom autoritären Drang, alles regeln, kontrollieren und sanktionieren zu wollen.

Freiheitlich zu führen heisst, andere Meinungen und Lebensentwürfe zu akzeptieren. Es heisst auch, dass der Westen anerkennt: Die Welt ist multipolar. Slawische, chinesische, afrikanische, indische und südamerikanische Gesellschaften haben ihre eigenen Werte – und verdienen Respekt auf Augenhöhe.

Europa tut sich schwer mit dieser Realität. Es verharrt in ideologischen Mustern, verliert wirtschaftlich an Bedeutung und verschwendet Ressourcen. Mehr Bodenständigkeit wäre angebracht – ä chli meh Bodeständigkeit hilft!»

Patrick Jetzer, Aufrecht St.Gallen
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