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Stadt St.Gallen
04.02.2025
04.02.2025 09:58 Uhr

Fünf Inklusen lassen sich 2025 in Zelle einschliessen

Die Inklusen in der Wiborada-Kapelle in St.Georgen: v.l.n.r.: Brigitte Schoepf, Irene Franziska Meli, Tim Mahle, Petra Gächter, Simone Capaul
Die Inklusen in der Wiborada-Kapelle in St.Georgen: v.l.n.r.: Brigitte Schoepf, Irene Franziska Meli, Tim Mahle, Petra Gächter, Simone Capaul Bild: Urs Bucher
Vom Bodensee bis zum Zürichsee kommen die fünf Inklusen, die im April und Mai 2025 für je eine Woche in der nachgebauten Wiborada-Zelle leben werden. Sie lassen sich wie die Stadtheilige aus dem 10. Jahrhundert in eine Klause bei der Kirche St.Mangen einschliessen.

Irene Franziska Meli aus Romanshorn macht den Anfang vom 25. April bis zum 02. Mai 2025. «Wiborada hat sich klar und radikal für ihre Haltung und gegen die damaligen Konventionen entschieden », sagt die 56-Jährige. Denn sie entschied sich, weder einem Mann noch einer Ordensgemeinschaft zu dienen, sondern sich in den Dienst Gottes zu stellen.

Die Sozialarbeiterin und begeisterte Jakobsweg-Pilgerin will in der Wiborada-Zelle unter anderem folgenden grossen Fragen nachspüren: «Bin ich auf dem richtigen Weg? Ist meine Lebensgestaltung stimmig? Will ich mich in meinen letzten neun Berufsjahren nochmals beruflich verändern?» 

Mit 70 Jahren ist Brigitte Schoepf die älteste Inklusin im Jahr 2025. Sie lebt vom 02. bis 09. Mai in der Wiborada-Zelle. An Wiborada fasziniere sie die einfache und bescheidene Lebensweise. «Die Zurückbesinnung auf das Wesentliche und das Loslassen von Materiellem erhoffe ich mir von meiner Woche als Inklusin», so die Rentnerin. 

Respekt vor Zeit ohne Familie

Einen Tag nach ihrem 46. Geburtstag zieht Simone Capaul in die Wiborada-Zelle, wo sie vom 09. bis 16. Mai sein wird. Besonders Respekt hat die Kleinkinderzieherin, Katechetin und psychologische Beraterin davor, Zeit ohne ihre Familie zu verbringen und sich «ohne Ablenkung auf mich selbst und auf Gott einzulassen».

Umso mehr freut sich die Kaltbrunnerin «auf die Gespräche mit allen Menschen, die ans Fenster kommen». Denn wie die anderen Inklusen wird sie zweimal pro Tag ihr Fenster zur Stadt hin öffnen und von 13.30 bis 14.30 Uhr sowie von 17.30 Uhr bis 18.30 Uhr für Gespräche zur Verfügung stehen. 

Ohne Handy zurechtkommen

Grossen Respekt hat der 42-jährige Tim Mahle davor, in der Woche vom 16.-23. Mai ohne gewohnte Tagesstrukturen und mediale Zugänge zu verbringen. «Mein Handy ist nicht nur mein Kommunikationskanal, sondern auch Terminkalender, Notizbuch und Arbeitsgrundlage», sagt der reformierte Cityseelsorger und Pfarrer der Kirchengemeinde Straubenzell.

Seine To-Do-Listen beiseite zu legen, werde nicht einfach. Doch frei von jeglichen Ablenkungen und Störungen des Alltags, möchte er seine Zeit nutzen, um zur Ruhe zu kommen. 

Wiboradas Geschichte zu unbekannt

Die St.Galler Schulleiterin und Primarlehrerin Petra Gächter (23. bis 30. Mai) erinnert sich daran, in der Schule die Legende des heiligen Gallus gehört zu haben. Wiboradas Geschichte sei jedoch viel zu wenig bekannt, bedauert die 51-Jährige.

Denn ohne die vorausschauende Wiborada, die die St.Galler Mönche vor einem Einfall der Ungarn warnte, gäbe es «kein St.Gallen, wie wir es kennen. Alle kulturellen, kirchlichen Schätze, auf die wir so stolz sind, würde es vermutlich ohne Wiborada so nicht mehr geben», bringt sie auf den Punkt. 

Kurz-Interviews mit den fünf Inklusen finden Sie unter https://wiborada.sg

Wiborada von St.Gallen: Inklusin und Ratgeberin

Wiborada ist neben Gallus und Otmar die dritte St.Galler Stadtheilige, fristet aber in St.Gallen bis heute ein Schattendasein. Die unerschrockene Frau liess sich 916 in eine Zelle bei der Kirche St.Mangen als sogenannte Inklusin einschliessen. Beim gewaltsamen Einfall der Ungarn bezahlte sie 926 mit ihrem Leben dafür.

In ihrer Zelle stand ein Fenster stets offen für jene, die Rat und Hilfe suchten. Die beiden Viten über Wiborada erzählen, dass sich Äbte, Fürsten, Adlige, Mönche und Menschen der Stadt an ihrem Fenster beraten liessen. 

Wiborada-Projekt

Mit dem Projekt Wiborada2021-2026 möchte ein ökumenisches Team ihr den Platz in der Geschichte einräumen, der ihr gebührt. Seit 2021 lassen sich jedes Jahr fünf Personen für je eine Woche in der nachgebauten Zelle der Wiborada von St.Gallen einschliessen. So spüren sie dem Leben der mittelalterlichen Heiligen nach und entdecken ihre Bedeutung für Stadt und Kanton heute.

pd/tan
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