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Stadt St.Gallen
04.08.2023

Oberstufenschüler wollen und sollen länger schlafen

Viele Interpellationen warten auf das Stadtparlament – der Vorstoss der Bildungskommission muss bis zur Abhandlung noch etwas warten.
Viele Interpellationen warten auf das Stadtparlament – der Vorstoss der Bildungskommission muss bis zur Abhandlung noch etwas warten. Bild: Adobe Stock
Täglicher Schulbeginn um 8.30 Uhr? In Gossau ist das Alltag. Die Bildungskommission regt mit einem Vorstoss den Stadtrat zum Denken an – eine solche Reform soll auch in den Stadt-St.Galler Oberstufen stattfinden.

Sommerferien für den schulpflichtigen Teil unserer Gesellschaft heisst auch: Sommerpause im Stadtparlament. Lange ausschlafen, bevor es am 14. August wieder hinter die Schulbank respektive am 22. August in den Sitzungssaal zurückgeht. Gleichbedeutend fällt dann der Startschuss fürs frühe Aufstehen.

Wie schön wäre es, diese eine Facette des morgendlichen Feriengefühls mit in den Alltag zu nehmen? Die Wünsche und Träume nach einem späteren Schulbeginn stehen schon länger im Raum. Bald beschäftigt sich die städtische Politik gezwungenermassen detaillierter damit. Danach verlangt eine Interpellation der Bildungskommission.

Im Zentrum steht die klare Frage nach einem späteren Unterrichtsbeginn für Oberstufenschüler

Wie, ob und dass es funktioniert, zeigt die Stadt Gossau. Konkret wurde dort das erste morgendliche Läuten von 7.30 auf 8.30 Uhr verschoben. Das Prädikat brandaktuell hat dieses Thema schon lange abgelegt; bereits 2014 wurde im Kanton Basel-Stadt der gymnasiale Unterrichtsstart aufgrund einer Schüler-Petition um 8 Uhr angesetzt. Dass es sich dennoch bis heute in aller Munde hält, unterstreicht den ausdrücklichen Wunsch nach einer Anpassung.

Ein Wunsch, der in den Köpfen von müden Schülern entstand. In St.Gallen meldete sich die Schülerschaft der Oberstufe Schönau mit einem Bevölkerungsvorstoss zu Wort: «Studien belegen, wer erst nach 8.30 Uhr in die Schule muss, hat bessere Noten, ein geringeres Risiko für Depressionen und trinkt weniger Kaffee oder Energy-Drinks.»

Der Vorstoss zeichnet das Klischee eines jungen Erwachsenen, der gerne lange wach bleibt und sich mit Koffeeinschüben durch den Tag manövriert. Doch die Schönauer Schüler greifen ein wichtiges Argument auf.

Einige Forscher fordern gar, dass sich die Politik einem späteren Schulbeginn annimmt

Das Gossauer Projekt beispielsweise wird von Schlafforschern des Kinderspitals Zürich begleitet. Studien zeigen, wie in der Pubertät das Schlafverhalten ändert und der Mensch von der Lerche zur Eule, also vom Frühaufsteher zum Langschläfer wird. Der Biorhythmus verschiebt sich nach hinten. Früh in die Federn und früh auf die Beine funktioniert nicht gut, da die Tiefschlafphase bei Jugendlichen erst in den Morgenstunden einsetzt.

Nicht alle sind von der Müdigkeit geplagt. Schüler, die lieber am Morgen lernen, können deshalb in Gossau auch schon früher erscheinen und betreute Lernangebote besuchen. Es ist eine Art Kompromiss, denn die Umsetzung einer Unterrichtsreform erfordert individuelle Anpassungsprozesse, zugeschnitten auf Schüler, Lehrer und Eltern.

In Uetikon im Kanton Zürich wurde man sich an dieser Stelle nicht einig. Umgesetzt wurde schlussendlich ein Mittelweg; die erste Lektion startet so zweimal pro Woche um 8.15 statt um 7.25 Uhr.

Die Bildungskommission macht in ihrem Vorstoss gleichzeitig auf Entwicklungspotenzial in Sachen Eigenverantwortung im Schulwesen aufmerksam

«Selbstentdeckend» oder «selbstgesteuert lernen» – das sind die Schlagwörter des Lehrplans 21 – sollen neue Bildungspraxen sein. Die Biko heisst der Stadt St.Gallen aktives Engagement in diesem Bereich gut. Dennoch fassen die Interpellanten darüber hinaus die noch ungenutzten Chancen ins Auge.

Vom Stadtparlament will die Biko wissen, welche Schulentwicklungen aktuell umgesetzt und welche Schwerpunkte in der nächsten Legislatur gesetzt werden. Zudem sollen flexiblere Organisationsstrukturen wie der frühe Schulbeginn behandelt werden.

Bei jeglichen Entwicklungen sollen allerdings die städtischen Lehrkräfte mit einbezogen werden.

sir/stgallen24
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