1997: „Ungarbesuch - diesmal friedlich.“
So steht es in der Zeitung. Einige Zeit vorher kam eine Delegation aus Bern, um den Besuch zu besprechen. Da ich einen Teil der Führung übernehmen musste, war ich dabei. Die erste Frage war, wo und in welchem Raum empfangen wir den Staatspräsidenten? Und weiter ging es: Wie lange dauert der Besuch? In welcher Sprache? Mit Dolmetscher? Das Ergebnis war: Wenig Zeit für die Begrüssungen, Besichtigungen, Stiftbibliothek, Kathedrale, Apéro.
Kurios war der Vorschlag zur Begrüssung: Bundespräsident Arnold Koller, Landammann Hans Ulrich Stöckling, Stadtpräsident Heinz Christen, Bischof Ivo Fürer, der ungarische Präsident Arpad Göncz - und das bei wenig Zeit! Da ich in diesen Dingen Erfahrung hatte, mischte mich ein und schlug als Begrüssungsort den mit Blumen dekorierten Musiksaal vor. Der Gast kam aus Budapest und selbst der schönste Raum St.Gallens wird ihn kaum beeindrucken, behauptete ich. Wichtig seien Bibliothek und Kathedrale. Nach langem Hin und Her schlug ich vor: Die beiden Präsidenten und der Landammann sprechen kurz. Nachher zeigen wir unsere Schätze, die es mit der ganzen Welt aufnehmen können. Und so wurde es dann auch gemacht.
Im Lapidarium sagte ich als Übergang von der Geschichte zum Apéro: „Als die Ungarn nach St.Gallen kamen, waren die Mönche mit ihren Schätzen, den Büchern und dem guten Wein geflohen, sodass die Ungarn nur noch sauren Wein vorfanden. Ich denke, es ist an der Zeit, den ungarischen Gästen nun einen anständigen Wein anzubieten.“ Der Gast hatte noch eine Frage. Noldi Koller kam mit ihm zu mir. Ich schaute einen Berner an mit der Frage: „Darf i no öppis säge?“ - Ich durfte. Ein aus Bern mitgereister subalterner Beamter hatte nämlich während der Führung immer wieder gezischt: „Geit`s no lang?“