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Gast-Kommentar
Stadt St.Gallen
02.07.2022

Fehlende Publikationsplattform für Forschungsergebnisse

Keine Innovation im Innovationspark? Peter Vonach über «Geburtsfehler» des Projekts.
Keine Innovation im Innovationspark? Peter Vonach über «Geburtsfehler» des Projekts. Bild: zVg
Der Innovationspark St.Gallen ist einer von sechs Standorten des Switzerland Innovation Projektes. Ziel ist es, Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung gewinnbringend zu verbinden und Innovation zu fördern. Doch gelingt das auch? Nein, findet Gastkommentator Peter Vonach.

In meinem ersten Gastbeitrag habe ich erläutert, warum ich glaube, dass der Innovationspark Ost eine Fehlkonstruktion ist und angekündigt, dass es sechs Geburtsfehler gibt. Heute geht es um den ersten Geburtsfehler – nämlich eine fehlende Publikationsplattform für Forschungsergebnisse.

Dieser erste Geburtsfehler betrifft den Innovationspark in St.Gallen nicht direkt, sondern das Gesamtkonzept von Switzerland Innovation, dessen vorrangiges Ziel es ist, Hochschulen besser mit Unternehmen zu vernetzen. Gehen wir zum bereits erwähnten Parlamentarier-Anlass im Jahr 2013 betreffend den aktuellem Projektstand im Auswahlverfahren der Netzwerkstandorte zurück.

Es gab damals zahlreiche Wortmeldungen durch die anwesenden Parlamentarier und Wissenschaftsvertreter. Eine davon ist in diesem Zusammenhang recht interessant: «Hochschulmässig, fügte Adrienne Corboud Fumagalli an, sei die Schweiz gut unterwegs. Die Verknüpfung mit der Wirtschaft sei aber entwicklungsbedürftig. Hier könne das Konzept des Nationalen Innovationsparks Wesentliches leisten.»

Jedes halbwegs vernünftige Unternehmen hätte sich bei dieser Ausgangslage zuerst einige Fragen gestellt, wie «was sind die Bedürfnisse meiner Kunden hinsichtlich Informationsbedarf, wo liegen meine Defizite und welche Möglichkeiten gibt es, besser mit meinen Kunden zu vernetzen?».

Immerhin befinden wir uns technologisch zu diesem Zeitpunkt der Diskussion bereits im Jahr 2013. Die involvierten Personen hätten sich zuerst die Frage stellen müssen, ob nicht eine entsprechende Informationsplattform den Grossteil der Probleme beseitigen könnte. Um nicht missverstanden zu werden, es gibt Situationen und Projekte, bei denen die intensive persönliche Zusammenarbeit zielführend ist. Die unterschiedlichen Geschäftsfälle müssen aber voneinander getrennt betrachtet werden und unterschiedlichen Lösungen zugeführt werden.

Gespräche mit Entwicklungsabteilungen und aufmerksamen Zuhören wären die Grundlage für die weiteren Schritte gewesen.

Eine etwas eigenartige Schlussfolgerung von Frau Corboud Fumagalli ist es deshalb, weil uns Hochschulen laufend erklären, wie wichtig die Digitalisierung für unsere Zukunft ist. Gleichzeitig schaffen es die Hochschulen nicht eine schweizweite Plattform für den Wissenstransfer von Forschungsergebnissen aufzubauen.

Was wäre der Nutzen einer derartigen Plattform?

Forschungsergebnisse beispielsweise der EPFL Lausanne oder Services von Rhysearch in Buchs sind für Entwicklungsabteilungen im hintersten Winkel der Schweiz sichtbar und nutzbar. Die Aufbereitung von Informationen inklusive deren Verarbeitungsmöglichkeiten entspräche den Arbeitsprozessen von Entwicklungsabteilungen. Ergänzt mit diversen Funktionen wie online Events, themenspezifische Nachrichtenkanäle, Chats usw. ist der Aufbau wertvoller Kundenbeziehungen möglich. Diese «online Beziehungen» können in weiterer Folge zu intensiven «in-house» Kooperationen im Innovationspark führen.

Mit den entsprechenden Funktionen und Analysetools würde automatisch auch mehr Transparenz einkehren, welche Forschungsaktivität tatsächlich einen wirtschaftlichen und möglicherweise einen gesellschaftlichen Mehrwert generiert.

Was könnten die Gründe für das Fehlen einer einheitlichen Forschungsplattform sein?

Eigentlich gibt es aus meiner Sicht keinen logisch nachvollziehbaren Grund, warum es eine derartige Plattform nicht gibt. Wenn wissenschaftliche Exzellenz als Anzahl von Veröffentlichungen in Wissenschaftsjournalen verstanden wird und nicht in erster Linie als Auftrag, sinnvolle Erkenntnisse für Gemeinwohl und Wirtschaft zur Verfügung zu stellen, dann ist das Fehlen einer derartigen Plattform die logische Konsequenz.

Gemäss Bundesrätlichem Auftrag ist Innosuisse zuständig für den Wissens - und Technologietransfer (WTT) zwischen Hochschulen und Wirt- schaftspartnern und soll der Wirtschaft Zugang zu neuesten Erkenntnissen der Forschung ermöglichen. Diese Aufgabe dürfte allerdings keine leichte sein.

Ich möchte an dieser Stelle eine kleine Episode (gemäss eigener Selbsteinschätzung) mit einer Elitehochschule in der Ostschweiz erzählen. Der Rektor meinte am Ende meiner Präsentation und meinem Wunsch mit einem zuständigen Professor zu diesem Thema sprechen zu können, wörtlich: «Sie haben sehr weit gedacht, aber ich kann den Professoren keine Weisungen erteilen». Wie schwierig die Einführung einer hochschulübergreifenden Plattform erst sein wird, möchte ich mir gar nicht vorstellen.

Wie denkt Switzerland Innovation darüber?

Ein Vertreter von Switzerland Innovation, meinte zur Sinnhaftigkeit bzw. zum Umstand, dass es noch keine derartige Plattform gibt: «Die Unternehmen informieren sich sowieso in den Wissenschaftsjournalen». Es gibt gemäss Prof. Ralph Mocikat schätzungsweise 100.000 bis 130.000 Fachzeitschriften, ein Umstand, der die Informationsbeschaffung nicht gerade erleichtert.

«Etwas mehr Problembewusstsein und Fantasie in der Ausgestaltung von Kundenbeziehungen wäre wünschenswert»

Offensichtlich ist Switzerland Innovation selbst nicht bewusst, was sie auf ihrer eigenen Webseite publizieren. Ich zitiere: «Damit aus unserer exzellenten Bildung und Forschung marktfähige Produkte und Dienstleistungen entstehen, müssen unsere Hochschulen bestmöglich mit der Wirtschaft verknüpft werden». Richtig, jetzt die richtigen Schlüsse daraus ziehen und eine praxisgerechte Plattform aufbauen, dann ist der erste Schritt in die richtige Richtung getan.

Peter Vonach begleitet als Innovationsmanager diverse Projekte von Unternehmen wie Siemens, Migros, ABB, Hilti uvm. Bild: zVg

Doch warum beschäftigt mich dieses Thema überhaupt?

Mit dem Thema Innovation beschäftige ich mich beruflich schon über 25 Jahre. Meiner Erfahrung nach werden Projekte zu oft mit dem Label «Innovation» versehen, obwohl deren Innovationscharakter sehr bescheiden ist. Mir ist die Wichtigkeit dieses Themas für unsere Gesellschaft sehr bewusst, bin aber gleichzeitig der Überzeugung, dass wir, um adäquate Antworten auf künftige Herausforderungen nur finden werden, wenn wir einen viel breiteren konzeptionellen Ansatz entwickeln. Mit den sechs Innovationsparks hätten wir eine Grundlage für eine zukunftsfähige Schweiz geschaffen; allerdings müssen die vorhandenen Innovationspotenziale ganzheitlicher gesehen und gefördert werden.

Eine Gesellschaft ist dann als wirtschaftlich zukunftsfähig und stabil zu sehen, wenn wir möglichst viele Menschen befähigen, sich aktiv am wirtschaftlichen Geschehen einer Gesellschaft einzubringen.

Peter Vonach
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