Vom 24. Juni bis 8. Juli finden die St.Galler Festspiele statt. Eigentlich hätte auf dem Klosterhof die «Jungfrau von Orléans» von Pjotr Tschaikowski aufgeführt werden sollen. Wegen des Ukraine-Krieges zeigen die Festspiele nun aber mit Guiseppe Verdis «Giovanna D’Arco» die italienische Version der Legende von Frankreichs Nationalheiliger.
Ein kurzfristiger Entscheid, der das ganze Team vor einer Herausforderung stellt – so auch Chefrequisiteur Ronald Porawski, wie er im Interview erzählt.
Ronald Porawski, Sie arbeiten seit 1991 als Requisiteur in St.Gallen. Wie kommt man zu diesem doch eher ungewöhnlichen Beruf?
Ich war lange als Einzelhandelskaufmann in Deutschland tätig und leitete später einen Videoverleih. Das wurde mir irgendwann zu langweilig und ich begann, mich blind für Stellen zu bewerben, die mich interessierten. So landete ich beim Schillertheater in Berlin – damals war ein Quereinstieg ins Theater noch einfacher als heute.
Von Berlin träumen viele Künstler und Kulturschaffende. Sie aber kehrten der Metropole den Rücken und kamen ins bescheidene St.Gallen. Wieso?
Das Schillertheater zählte mit seinen 600 Mitarbeitern zu den grössten Sprechbühnen Deutschlands und ich durfte mit sehr grossen Regisseuren und Schauspielern zusammenarbeiten. Das war toll, aber mit 26 wollte ich aus dieser Stadt ausbrechen.
In Berlin herrscht immer der Superlativ: am grössten, am besten, am schnellsten, am kreativsten. Auf Dauer kann es ermüdend sein, wenn man ständig das Gefühl hat, man dürfe nichts verpassen. Ich wollte wissen, wie es ist, abseits dieses ganzen Trubels zu sein. Per Zufall kam ich nach St.Gallen.
Und Sie sind geblieben. Was hat Sie so lange gehalten?
Tatsächlich die Arbeit und das Theater. Für meinen Beruf in der Requisite ist es hier perfekt: Nicht zu gross, dass es ein Fabrikbetrieb wäre, aber auch nicht zu klein, dass man überall mitarbeiten müsste. Man kann sich hier voll auf die Requisite konzentrieren; das schätze ich sehr! Mit mir sind wir drei Festangestellte und bilden derzeit noch eine Requisiteurin aus.
Als Requisiteur sind Sie für die Beschaffung, Herstellung und Modellierung jeglicher Gegenstände zuständig?
Ja, genau. Sehen Sie den Schrank hinter sich?
Ja?
Requisiteure machen nicht den Schrank, aber alles, was in dem Schrank ist. Wir machen nicht die Küche, aber besorgen die Kaffeemaschine, die auf der Küchenablage steht. Alles muss seinen Platz haben. Ausserdem muss man in diesem Beruf sehr viel handwerkliches Geschick und Fantasie mitbringen, weil es immer wieder vorkommt, dass man Dinge umgestalten muss.