Am Mittwoch befasste sich der Nationalrat erneut mit dem Stimmrechtsalter 16 und stimmte wie schon im Jahr 2020 dafür, eine Gesetzesvorlage für das Vorhaben ausarbeiten zu lassen. Ein konkreter Vorschlag für eine Verfassungsänderung wird nun ausgearbeitet und erneut vom Parlament beraten. Während Linke sich für das Stimmrechtsalter stark machen, halten vor allem Rechte dagegen. Was sind die aussagekräftigsten Argumente?
Stimmrechtsalter 16: Ja oder Nein?
Kontra
Laut FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt sei das Stimmrechtsalter 16 willkürlich gewählt. Er befürchtet, dass bald auch Forderungen für eine Stimmberechtigung ab 15 oder 17 kommen könnten. Weiter argumentieren bürgerliche Politiker, dass die Jugend aktuell sehr schlecht an Abstimmungen teilnehme (teilweise unter 10 Prozent). Das neue Stimmrechtsalter würde zudem die Steigerung des politischen Interesses der jungen Menschen nicht fördern.
Professor Daniel Kübler der Universität Zürich sagt, dass politische Beteiligung an einen klaren Alterseffekt gebunden sei. Konkret: Je jünger jemand ist, desto weniger beteiligt er sich an Abstimmungen. Adrian Spahr, Präsident der Jungen SVP des Kantons Bern, kritisiert, dass das heutige Bildungssystem nicht darauf ausgelegt ist, dass sich Jugendliche mit 16 schon politisch interessieren. Sie kommen erst in der späteren Schulbildung mit politischen Themen in Kontakt.
Pro
Doch es gibt auch viele Argumente dafür. «Mit dem Stimmrechtsalter 16 befähigen wir die Jugendlichen zur politischen Verantwortung, so wie wir sie mit ihrer Berufswahl bereits in der Oberstufe dazu befähigt haben», sagt Roger Zurbriggen, Kantonsrat CVP. Er sagt, dass das Stimmrechtsalter keine Nachteile kennt – weder für die Jugendlichen noch für die Gesellschaft. Das bestätigen Erfahrungen aus Glarus und Österreich, wo bereits ab 16 abgestimmt werden darf. Selber Meinung ist Corina Gredigt (GLP). Sie sagt, dass es auch um Vertrauen in das Schulsystem und in die jungen Menschen gehe.
Vielen Jungen gehe es angesichts der Krisen der Gegenwart nicht gut. In dieser Situation werde die Frage der politischen Beteiligung noch wichtiger. Die Stiftung Pro Juventute will, dass Jugendliche die politische Kompetenz erhalten, damit sie ihre Rechte aktiv nutzen können. Voraussetzung dafür seien eine Ausweitung der politischen Bildung, die Sensibilisierung für Kinderrechte und mehr Ressourcen hierfür an Schulen und Berufsschulen. Frühe Mitsprache sei ein wirkungsvolles Mittel, um Jugendliche für die Übernahme politischer Verantwortung zu motivieren. Nur wer mitbestimmen kann, übernehme gesellschaftliche Verantwortung, werde mit den politischen Regeln vertraut und würde in der Gesellschaft mitdenken.
stgallen24 hat die 14-jährige Sonia Köppel gefragt, was sie zu diesem Thema sagt. Das ist ihre Meinung:
«Nicht alle Jugendliche im Alter von 16 Jahren sind fähig, politische Zusammenhänge und Tragweiten zu verstehen und zu erkennen. Durchaus verstehe ich die Problematik, die somit auftreten könnte. Politik dient dazu, Probleme zu lösen. Um über teils sehr komplexe Abstimmungsvorlagen urteilen zu können, braucht es eine gewisse politische Reife.
Über diese verfügen noch nicht viele Jugendliche, wenn ich mich so in meinem Umfeld umschaue. Zudem ist man mit 16 Jahren leichter beeinflussbar. Es gibt aber auch viele Jugendliche, die ihre Meinung selbstständig bilden und politisch einsetzen. Das sieht man an den ganzen Klimademonstrationen.
Obwohl ich gerne schon mit 16 abstimmen würde, bin ich trotzdem gegen das Stimmrechtsalter 16, weil ich glaube, dass es viele gibt, die sich der politischen Verantwortung nicht bewusst sind – und zwei Jahre in der Entwicklung von Jugendlichen einiges ausmachen können.»