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Stadt St.Gallen
13.03.2022
11.03.2022 17:00 Uhr

Krimi-Spaziergang mit Autor Théo Buff

 «Zwischenwelten. Unheil im  Westen!» – so heisst der neuste Krimi des St.Galler Autors Théo Buff
«Zwischenwelten. Unheil im Westen!» – so heisst der neuste Krimi des St.Galler Autors Théo Buff Bild: stgallen24
Heute nimmt Sie Krimi-Autor Théo Buff mit auf den Weg zu Tatorten und unbekannten Sehenswürdigkeiten, quer durch St.Gallen und in den Westen der Stadt.

Es ist saukalt, bald ist Fasnacht, oder ist sie schon vorbei? Ein Fastnachtskrimi? Nicht nur. Das Leben geht natürlich auch nach der fünften Jahreszeit weiter. Wir starten beim Marktplatz, gehen via Metzgergasse und Restaurant Alt St.Gallen mit seiner bemerkenswerten Guillotine zur Grabenhalle (schauen uns dort die unterirdischen Gänge an – nur für Insider …) und dann zum alten Wasserturm beim Hauptbahnhof (nahe der Fachhochschule). Lassen Sie sich überraschen und lernen dabei die Stadt besser kennen. Vorsicht: Ziehen Sie sich warm an! Und Schmunzeln ist erlaubt.

Auf dem Marktplatz steht übrigens noch die Konfettikanone von Max Oertle herum, mit der sogenannte Ehren-Föbus in den Maskier-Himmel befördert werden; haben Sie dieses alte Wunderding beim Vorbeigehen bemerkt? 

  • Die Konfettikanone Bild: zVg
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  • Marktplatz Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • Metzgergasse Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • Weg zum Restaurant Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • Restaurant Alt St.Gallen Bild: Patrice Ezeogukwu
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Alptraum in der Nördlichen Altstadt.

Kommmissar Bert Häfeli und sein engster Mitarbeiter Max Kraienbühl sitzen im Restaurant Alt Sankt Gallen. Mit Blick auf Theke und Eingang, aber auch auf die berühmte Guillotine, welche dort seit Jahren steht oder hängt, und immer wieder neue Gäste anlockt. Sie genehmigen sich ein Feierabendbier. Oder zwei. Knarrend öffnete sich die Türe, ruckartig, und ein Mann poltert in die Gaststube. Ein Mann? Schwarz gekleidet wie üblicherweise Architekten oder andere Künstler, auch Lebenskünstler, mit roten Schuhen, einem knallroten Hut und roter Krawatte, etwas auffällig. Dann hören die beiden Polizisten einen gellenden Schrei, schauen genauer hin. Blut spritzt – und die Guillotine hängt nicht mehr an ihrem Ort.
Der Wirt liegt am Boden.

Grabenhalle Bild: Patrice Ezeogukwu

Ursprünglich führte neben der Grabenhalle das alte, einspurige Bahngeleise vom Hauptbahnhof zur Sonnenstrasse und weiter nach St.Fiden durch; später zugedeckt. So entstand durch die Überdeckung einerseits der Rosenberg-Bahntunnel und andererseits eine Art längere Gruft, die unter anderem zur Lagerung von edlen Weinen genutzt wurde.

Der Zugang erfolgt heute noch via Grabenhalle, ist aber für die Öffentlichkeit gesperrt. Im Krimi Zwischenwelten dient das «Tunnelsystem» als Fluchtmöglichkeit für zwielichtige Gestalten. Dann geht’s weiter zum Hauptbahnhof und der Fachhochschule, vorbei am spanischen Club, Hogar, der leider auch geschlossen ist. Neben dem riesigen Parkplatz vor der Lokremise, also leicht daneben steht der alte Wasserturm, der seinerzeit Dampflokomotiven zu trinken gab. Der Eingang wird wohl geschlossen sein, es sei denn …

So schö, dass das Ensemble mit Lokremise, Wasserturm und Badhaus für die Bähnler (westlich davon) stehen blieb. Stehen bleibt, wollte ich eigentlich sagen

  • Bahnhof und OST Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • OST Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • Klubhaus Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • Wasserturm und Lokremise Bild: Patrice Ezeogukwu
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Blut im Wasserturm.

«Zum Wasserturm bei der Lokremise, los Chraie. Schnell! Eine Streife hat dort schon wieder einen Toten gefunden. Mit rotem Hut und roter Krawatte, das kennen wir doch.» Im Polizeiauto herrschte trotz Heizung eine fröstelige und abweisende Stimmung, nicht eigentlich erstaunlich, angesichts der abrupten Zunahme von Todesfällen in der Stadt.
«Wenn das so weitergeht, mit den vielen Toten, sollten wir zusätzliches Personal beantragen», bemerkte Kraienbühl in die Totenstille hinein. «Sonst wird uns das alles zu viel, gell. Sprich bitte mal mit dem Polizeivorstand. Dringend.»

Häfeli schwieg und verzichtete auf sein Lieblingswort. Chabis.
«Du, klettere allein die schmale Treppe im Turm hoch, mir ist es dort zu eng. Und die Spusi kommt doch auch noch. Alle zusammen haben wir keinen Platz dort oben …»

Wir spazieren zur Paradiesstrasse, wo der speckige und dubiose Sterbehelfer Vitus Honigmeier mit seiner Crew Ihre Abreise ins Jenseits plant: Lifestoppnow, eine angeblich absolut seriöse Sterbehilfe-Firma – recht erfolgreich übrigens. Wir gehen aber nicht in diesen Laden rein, sondern weiter durchs spannende Quartier und via Kreuzbleiche und Kastanienhof zum Burgweiherpark, neuerdings auch Stadtpark West genannt. Eine lauschige grüne Anlage, oder Lunge, wenn nicht so viel bschöttett wöri, und wo nachts – zumindest in Zwischenwelten – seltsame und gruselige Dinge geschehen. Danach sind es nur noch einige Schritte zum Tröckneturm und zur Kapelle Maria Einsiedeln, die aber meist geschlossen ist..

  • Paradiesstrasse Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • Kreuzbleiche Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • Burgweiherpark Bild: Patrice Ezeogukwu
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Tröckneturm und ....

«Du, soeben hat die Rammbold Moni vom Tröckneturm angerufen. Die schöne Verwalterin. Sie habe soeben die Kapelle am Burgweiherweg kontrolliert, da dort noch Licht brannte, was zu dieser Zeit unüblich sei. Als sie die lottrige Türe öffnete und eintrat, sassen dort schon zwei Leutchen in der ersten Reihe. Mucksmäuschenstill. Hielten sich an den Händen, lehnten aneinander, ganz friedlich. So schien es. Irgendwie drollig. Etwas wächsern die Gesichter, na ja. Jung waren sie nicht, die beiden. Eine Frau und ein Mann. Sie habe die beiden seitlich etwas gestossen, eher gestupft. Angesprochen sowieso. Aber die hätten nicht geantwortet – nur so blöd geglotzt. Dann legten sie sich lautlos auf die Kirchenbank. Mit offenem Mund, erzählte die Rammbold weiter.»

Bauernhof, Kapelle und Tröcknerturm Bild: Patrice Ezeogukwu

Der Tröckneturm – ein Relikt der berühmten St.Galler Textilindustrie – bildet zusammen mit den beiden Burgweihern, der Kapelle Maria Einsiedeln Schönenwegen und dem eher gruseligen alten Bauernhof ein wunderschönes Ensemble. Der Stadtpark West als lauschige grüne Lunge. Der Tröckneturm diente, wie der Name sagt, zum Trocknen von langen Textilbahnen, heute freuen sich unzählige Fledermäuse an diesem alten Gemäuer, das nun u.a. für Theatervorführungen etc. genutzt wird, allerdings nicht zusammen mit en Fledermäusen. Und weiter geht’s jetzt auf Abkürzungen durch die westlichen Quartiere zum Schlössli Haggen und über die wunderschöne Ganggeli-Brogg, auch Steiner-Brücke genannt. Am Ende der Brücke scharf rechts ins Tobel hinunter abschwenken. Und der Rückweg funktioniert dann auch irgendwie – es gibt verschiedene Möglichkeiten. Wie immer.

Ganggelibrogg und hinunter zur Sitter

Trotz Schneestapfen war der Spaziergang durch die Winterwelt im Wattbachwald wunderschön. Aufheller und Aufsteller zugleich. In der Einsamkeit des Waldes. Niemand begegnete ihnen. Bereits sahen sie unter sich die beiden gedeckten Holzbrücken über die Sitter und die Urnäsch, letztere führte zumindest seit Jahren ins Nichts, der Weg endete an der steilen Tobelwand. Trotzdem gingen Häfeli und seine Geliebte ein Stück weit, Hand in Hand in die Wildnis hinein, kehrten zurück. Inzwischen hatte es wieder zu schneien begonnen. Im schummrigen Zwielicht der gedeckten Brücke küssten sie sich.

Zufällig öffnete Häfeli die Augen und sah ein verliebtes Pärchen durch die andere Holzbrücke entgegenkommen. Er kannte die Stimmen. «Psst, welch eine Überraschung, das Ehepaar Vonwantz-Zirkel, ist im Anmarsch, meine Nachbarn. Die haben sich wieder gefunden … Versöhnt.» Hastig zog er Annegret tiefer ins Dämmerlicht der Holzbrücke hinein. Und drückte sie noch fester an sich.
«Du lass mich los, so bekomme ich irgendwann keine Luft mehr … Und kalte Füsse hab’ ich bereits.» Annegret wollte sich sanft aus der Umarmung lösen und schaute ihm tief in die Augen: «Du, bist du eigentlich treu? Ich meine so generell …?»

«Na ja, eigentlich schon, wenn’s stimmt», Häfeli drückte Anna zwei Küsse auf die Nase. Endlich hatte sich das Ehepaar Vonwantz verflüchtigt.
«Du schau mal, bevor wir durch die andere Brücke hindurchgehen und aufwärts zur Ganggelibrogg, dieser schmale Weg führt zu einem kleinen Paradies, wunderbar abgeschieden, einem Plateau, von der Sitter umspült, wild und tosend. Fantastisch. Ein Kraftort! Natur pur. Wir müssen da unbedingt mal hingehen, wenn es wärmer ist. Kraft tanken. Und dort rechts geht es zum Sitterstrand. Bräteln am Wasser, auf der anderen Seite des Flusses die Steilwand im Blickfeld. Schroffe Felsen. Herunter gestürzte Tannen. Genial! Komm, wir nehmen den Aufstieg unter die Füsse.» Oben angekommen bestaunten sie von der Ganggelibrogg aus das vor ihnen liegende Panorama, den Zusammenfluss von Sitter, Urnäsch und Wattbach, Teile des Alpsteins, den Säntis. Im Licht der untergehenden Sonne. Etwas kitschig vielleicht. Aber wunderbar. Fantastisch romantisch. 

  • Schlössli Haggen Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • Gangelibrugg Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • Weg hinunter Bild: Patrice Ezeogukwu
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  • Sitter Bild: Patrice Ezeogukwu
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Fantastisch romantisch, eifach schö, sind die Wege und Spaziermöglichkeiten in und rund um unsere Stadt, in ihren Naherholungsgebieten und Kraftorten. Macht immer wieder Spass und Freude. Balsam für die Seele! Viel Spass dabei - und auch beim Lesen von Zwischenwelten. Unheil im Westen.

Über den Autor

Geschichtenerzähler. Original. Verwirrspieler. Philosoph. Historiker. Märchenfreund. Bücherwurm. Reisender. Lebenskünstler. Geniesser. Liebt Wortkreationen und Spiele. Üppig und opulent. Scharfzüngig. Mit Schalk.

Lic. phil. hist., Universität Bern. Bürger von Speicher AR. Geboren am 10. Mai 1956 in Sankt Gallen und dort aufgewachsen. Hier beschult, ohne echte Begeisterung. Aber sorgfältig und zuverlässig. Lebensschulen: zwei Berufslehren, Militär, Zweitwegmatura. Studierte in Bern und Sevilla Neuere Geschichte, Staatsrecht, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte/Politologie, und Soziologie und Sozialpsychologie.

Lehrbeauftragter Allgemeinbildende Fächer am GBS Sankt Gallen. Herzblut-Journalist beim St.Galler Tagblatt.

Meist linke Hand des Bauvorstands der Stadt Sankt Gallen (Bausekretär-Stellvertreter). Engagierter Hofnarr, auch dazu braucht’s Galgenhumor. Und nicht zu knapp. Mentor und Autor verschiedener Publikationen über seine Stadt. Heute im Unruhezustand. Aber weiterhin fröhlich. Und auf den Krimi gekommen.

Die Trilogie Mord in Sankt Gallen und andere Geschichten ist im Buchhandel oder direkt beim Autoren (theo.buff@bluewin.ch) erhältlich.. Mehr auch unter www.theobuff.ch

Théo Buff, Autor
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