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Stadt St.Gallen
13.02.2022

Fasnachtskrimi: K.-o.-Tropfen

Bild: pexels
Der St.Galler Autor Théo Buff präsentiert regelmässig Lese-Häppchen aus seiner Trilogie «Mord in Sankt Gallen und andere Geschichten». Heute folgt der fünfte Teil von «Zwischenwelten. Unheil im Westen».

Im Krimi Zwischenwelten, dem dritten der Trilogie «Mord in St.Gallen», geht es unter anderem um die Fasnacht, um die mysteriösen Raunächte zu Beginn des Jahres, aber natürlich auch um Mord und Totschlag. Und andere spannende und eindrückliche «St.Galler Gschichten». Da und dort schimmert auch Corona durch. Dezent nur. In dieser Folge und gleichsam als Einstieg steht nun also die 5. Jahreszeit, wie die Fasnacht ebenfalls genannt wird, im Vordergrund, Kommissar Häfeli schwelgt in Erinnerungen an den früheren Mohrenball im Hotel Ekkehard, dem Highlight der St.Galler Fasnachtsbälle. Diese Jahr läuft die Fasnacht wieder auf Sparflamme, und nicht nur die Guggen machen sich Sorgen um ihren Bestand.

Was bisher geschah: Siehe Folge 4

Folge 5: K.-o.-Tropfen

«Die Sache ist relativ einfach, diesmal», begann die Rechtsmedizinerin, Dr. Céline Fröhlich, und lachte. «Treten Sie ein in mein Totenreich, und schauen sich alles genau an. Ungeniert.» Die drei Leichen lagen auf drei Chromstahltischen, mit grünem Tuch zugedeckt, nahebei waren noch einige andere ersichtlich, wohl derzeit nicht in Arbeit. «Übrigens, bei uns gilt Maskenpflicht für alle, auch die Toten, gell.»

«Wir sind nicht tot – und die Sichtung, muss nicht unbedingt sein, wir vertrauen Ihnen auch so. Wirklich. Wir verzichten gerne darauf.» Kraienbühl wollte sich abwenden, dezent angewidert. «Hiergeblieben, Chraie», befahl der Kommissar. «Was gibt es Neues?»

«Dieser Herr da, der Jüngere aus dem Wasserturm beim Bahnhof, wurde erstochen, mit einem scharfen Stellmesser, ca. 20cm lang, dreimal in Bauch und Herz, sauber tranchiert, wie Fleischkäse, ihr kennt das. Eine nicht verheilte Lungenentzündung, positiv. Allgemeinzustand eher schlecht. Alter? Etwa 35 Jahre alt, aber immer noch kräftig. Das Erbrochene stammt übrigens nicht von ihm, sondern – von einer Frau …! Da staunen Sie, gell. Ihr Tom Wichtelmann von der Kriminaltechnik konnte wieder mal keine Dokumente sicherstellen, wieder einmal nichts! Schade, mein Wichtelchen.»

Pause.

«Und hier die beiden Alterchen, um die 80, beide. Allgemeinzustand noch schlechter, ich habe auf eine Autopsie verzichtet, konnte sie auch nicht auf demselben Tisch sichten, äh … behandeln, musste sie zuerst trennen. Sie hielten sich gegenseitig noch an der Hand, gemeinsam in den Tod. Süss, nicht? Na ja, im Sarg sind sie auch nicht mehr beisammen, gell. Und im Ofen ebenfalls nicht, oder gibt’s keine Kremation? Die Öfen sind übrigens neu, aber einen für Paare haben wir immer noch nicht im Sortiment – eine Marktlücke. Eine Nouveauté, mehr noch: Eine Sensation. Gemeinsam im Ofen. Das wäre der Durchbruch für St. Gallen!

Waren Sie schon mal im Krematorium beim Friedhof Feldli, zu Besuch? Lohnt sich in jedem Fall, eine Besichtigung vor Ort, absolut, vorgängig natürlich …» Die Rechtsmedizinerin schmunzelte leicht.

«Leider auch hier keine Dokumente. Die Bluttests reichten. Der gute Tom hat mir lediglich diese beiden Plastikbecher mitgebracht.»

«Letzter Wille? Den wissen wir nicht, solange die Namen nicht bekannt sind; gibt es Verwandte …? Wichtelmann sucht noch, in dieser Kapelle, St. Maria Einsiedeln in Schönenwegen,  und im Tröckneturm», bemerkte Häfeli.

«Aha. Sucht noch.» Kraienbühl schaute der Rechtsmedizinerin ins Gesicht und lächelte. Anzüglich? Eher verschmitzt, meinte er doch, über die angebliche Beziehung zwischen Dr. Fröhlich und Wichtelmann Bescheid zu wissen.

«Also ganz trocken waren die nicht, überhaupt nicht. Ziemlich viel Alkohol im Blut, vor allem der Mann, die Frau dazu noch Hagebutten-Tee, ebenfalls viel.»

«Hagebutten-Tee. Soso. Eine Vergiftung, von den Hagebutten?»

«Nein, Barbiturate, hinreichend; ähnlich wie K.-o.-Tropfen, wie wir es von jungen Frauen her kennen, zunehmend aber auch bei Männern eingesetzt, in dubiosen Bars und Clubs, heimlich in den Drink gemixt. Aber hier fand natürlich keine Vergewaltigung statt. Klar. Kennt ihr euch mit K.-o.-Tropfen aus, aus eigener Erfahrung? Wirkt brutal schnell. Ausgiebig. Und wird zunehmend auch als letzter Drink eingesetzt. Ja genau, Sterbehilfe. Es gibt da so eine Firma mit zweifelhaftem Ruf, Lifestoppnow, heisst der Laden. Kennen Sie den?»

Kraienbühl schüttelte den Kopf. Häfeli schwieg.

Es schneite immer noch stark, als sich die beiden auf den Weg machten, dieser Sterbehilfe-Bude einen Besuch abzustatten. Frau Holle setzte alles Material ein, das sie hatte. Grosse, schöne, blaue, silbrige Schneeflocken purzelten zu Boden, glitzerten und glänzten, und legten den Verkehr lahm, entschleunigten das Leben. Beruhigten. Ruhe wem Ruhe gebührt. Gut so.

«Ich bin echt gespannt auf  diese Lifestoppnow-Fritzen», sagte  Häfeli zu seinem Assistenten.  «Sind wir auf der richtigen Spur?»

Am nächsten Sonntag geht’s weiter!

Autor Théo Buff Bild: zVg

Über den Autor

Geschichtenerzähler. Original. Verwirrspieler. Philosoph. Historiker. Märchenfreund. Bücherwurm. Reisender. Lebenskünstler. Geniesser. Liebt Wortkreationen und Spiele. Üppig und opulent. Scharfzüngig. Mit Schalk.

Lic. phil. hist., Universität Bern. Bürger von Speicher AR. Geboren am 10. Mai 1956 in Sankt Gallen und dort aufgewachsen. Hier beschult, ohne echte Begeisterung. Aber sorgfältig und zuverlässig. Lebensschulen: zwei Berufslehren, Militär, Zweitwegmatura. Studierte in Bern und Sevilla Neuere Geschichte, Staatsrecht, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte/Politologie, und Soziologie und Sozialpsychologie.

Lehrbeauftragter Allgemeinbildende Fächer am GBS Sankt Gallen. Herzblut-Journalist beim St.Galler Tagblatt.

Meist linke Hand des Bauvorstands der Stadt Sankt Gallen (Bausekretär-Stellvertreter). Engagierter Hofnarr, auch dazu braucht’s Galgenhumor. Und nicht zu knapp. Mentor und Autor verschiedener Publikationen über seine Stadt. Heute im Unruhezustand. Aber weiterhin fröhlich. Und auf den Krimi gekommen.

Die Trilogie Mord in Sankt Gallen und andere Geschichten ist im Buchhandel oder direkt beim Autoren (theo.buff@bluewin.ch) erhältlich.. Mehr auch unter www.theobuff.ch

Théo Buff, Autor
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