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Stadt St.Gallen
19.12.2021
17.12.2021 14:10 Uhr

Weihnachtskrimi: Chläuse am Weihnachtsmarkt

Eine sonderbare Gestalt treibe sich am Weihnachtsmarkt herum
Eine sonderbare Gestalt treibe sich am Weihnachtsmarkt herum Bild: mik
Der St.Galler Autor Théo Buff präsentiert regelmässig Lese-Häppchen aus seiner Trilogie «Mord in Sankt Gallen und andere Geschichten». Heute folgt Teil drei aus seinem Weihnachtskrimi «Endzeitzauber. Im Eiszeitland».

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«Endzeitzauber. Im Eiszeitland» 

Endzeitzauber erschien im November 2019 und spielt in der Altstadt, im Klosterbezirk und in der Mühlenenschlucht  einem naturbelassenen, mystischen Ort, wild und unberührt. In dieser durchaus romantischen Umgebung geschehen kurz hinter einander zwei Morde – Sankt Gallen graut‘s, und das zur Weihnachtszeit. Schneegestöber. Eisiger Wind. Endzeitzauber im Eiszeitland. Jahre zuvor war hier schon einmal eine junge Frau verschwunden und nie mehr aufgetaucht.

Kommissar Bert Häfeli und sein Assistent Max Kraienbühl arbeiten nach eigenem Gusto, im Sankt Galler Amtshaus, mitten in der Altstadt. Die Geschichten sind historisch und satirisch gewürzt; auch das von Sankt Gallerinnen und Sankt Gallern gelegentlich wahrgenommene Gefühl der peripheren oder gar bedeutungslosen Lage ihrer Stadt schimmert da und dort durch  diffuse Ängste und Minderwertigkeitsgefühle.

Doch wer und wo sind die Mörder? Sankt Gallen – eine Mörder­grube, so etwas geht natürlich gar nicht. Und so wird der Poli­zeivorstand zusehends nervös.

Chläuse am Weihnachtsmarkt.
Du, vorhin hat unser Eventmanager angerufen, der Bischof-Staubler, auf dem Weih­nachtsmarkt treibe sich eine sonderbare Gestalt herum, verklei­det wie ein Schmutzli ohne Samichlaus, oder wie ein Mönch. Bart, braunes Kleid, Baskenberet. Vermutlich ein verkleideter Dieb, meint der Bischof. Komm, wir schauen uns das rasch an, auf dem Gallusplatz beginnen wir.»

Kraienbühl seufzte. «Muss das jetzt wieder sein, wir wollten doch nach Hause. Nach Hauuuse!»

Tatsächlich. Rasch entdeckten sie die beschriebene Gestalt am Weihnachtsmarkt, die relativ unauffällig in der Menschenmenge herumschlich. Ein Mann. Offenbar war er vor allem hinter Frauen mit Kindern und riesig ausladenden (einladenden?) Ta­schen her, manchmal «berücksichtigte» er aber auch Männer. Für die beiden Polizisten sah es so aus, als ob er den Weihnachts­marktbesuchern in die Tragtaschen greifen wollte, um etwas her­auszunehmen. Immer wieder verschwand seine Hand im Jute­sack und in fremden Taschen.

«Ein Samichlaus-Taschendieb am Weihnachtsmarkt, offensichtlich; das hatten wir bis­her noch nicht im Sortiment. Den schnappen wir uns, sofort», raunte Kraienbühl. «Ich mache zuvor noch rasch einige Fotos. Also los.»

Die beiden Polizisten folgten dem Unbekannten diskret, näherten sich ihm dann, hielten ihm ihre Ausweise unter die Nase, Kraienbühl bereit, den Mann zu packen, falls dieser flüchten wollte.

«Grüezi. Stadtpolizei. Folgen Sie uns unauffällig. Eine Flucht ist zwecklos.» Anstandslos begleitete der alte Mann die Polizisten in Zivil zu einer weniger belebten Ecke des Platzes, direkt bei der Kathedrale.

«Können Sie sich ausweisen?»

Mit einem leichten Schmunzeln zog der Schmutzlichlaus seine Identitäts­karte hervor. Wortlos.

«Sie greifen den Menschen in die Einkaufstaschen, stehlen ihre Weihnachtseinkäufe – das sehen wir schon richtig, oder? Wir haben Fotos gemacht, auf frischer Tat …»

«Das sehen Sie richtig, meine Herren, ich greife den Leuten in die Taschen, aber nicht wie andere, und was so üblich ist, heut­zutage. Ich lege Ihnen etwas in ihre Taschen hinein. Ich überra­sche die Menschen, niemand erwartet das, und zu Hause wun­dern sie sich, von wem sie das kleine Geschenk bekommen ha­ben, und finden es nicht heraus – das ist Weihnachten: Geheim­nis. Neugierde. Schenken. Freude bereiten. Kennen Sie das nicht?» Der alte Mann machte eine Pause, sichtlich durchfroren, hustete.

«Aber ich bin kein Dieb. Schauen Sie mal in meinen Sack hinein, was ich da alles habe, ungeniert …» Die Augen des alten Mannes leuchteten.

Die Polizisten kamen sich plötzlich winzig und klein vor.

«Kraienbühl, bitte!» Häfeli war die Sache schon längst peinlich geworden. Und tatsächlich: Im Jutesack befanden sich kleine, herzige Ge­schenke, verschiedene farbig bemalte Tannzapfen mit Schoko­lade behängt. Schokoladeherzen mit der Aufschrift «Frohes Fest». Kleine Kerzen, ebenfalls mit Schokolade. Selbst geba­ckene Guetzli, hübsch verpackt.

Farbig.

Fröhlich.

«Oh …», sagte Häfeli, «das tut uns leid! Äh … So schöne Geschenke!

Wir entschuldigen uns.»

«Schon gut. Möchten Sie nicht eines meiner kleinen Geschenke mit nach Hause nehmen, für Ihre Frau oder die Kinder?», fragte der alte Mann. «Bitteschön! Greifen Sie zu.»

«Danke, danke. Zu lieb! Das wäre für uns nun keine Überra­schung mehr, Sie haben uns schon genug überrascht. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Freude beim Überraschen der Weihnachts-Chrömler ...

Auf Wiedersehen, und gesegnete Weihnachten!»

  • Autor Théo Buff Bild: zVg
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Über den Autor

Geschichtenerzähler. Original. Verwirrspieler. Philosoph. Historiker. Märchenfreund. Bücherwurm. Reisender. Lebenskünstler. Geniesser. Liebt Wortkreationen und Spiele. Üppig und opulent. Scharfzüngig. Mit Schalk.

Lic. phil. hist., Universität Bern. Bürger von Speicher AR. Geboren am 10. Mai 1956 in Sankt Gallen und dort aufgewachsen. Hier beschult, ohne echte Begeisterung. Aber sorgfältig und zuverlässig. Lebensschulen: zwei Berufslehren, Militär, Zweitwegmatura. Studierte in Bern und Sevilla Neuere Geschichte, Staatsrecht, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte/Politologie, und Soziologie und Sozialpsychologie.

Lehrbeauftragter Allgemeinbildende Fächer am GBS Sankt Gallen. Herzblut-Journalist beim St.Galler Tagblatt.

Meist linke Hand des Bauvorstands der Stadt Sankt Gallen (Bausekretär-Stellvertreter). Engagierter Hofnarr, auch dazu braucht’s Galgenhumor. Und nicht zu knapp. Mentor und Autor verschiedener Publikationen über seine Stadt. Heute im Unruhezustand. Aber weiterhin fröhlich. Und auf den Krimi gekommen.

Die Trilogie Mord in Sankt Gallen und andere Geschichten ist im Buchhandel oder direkt beim Autoren (theo.buff@bluewin.ch) erhältlich.. Mehr auch unter www.theobuff.ch

Théo Buff, Autor
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