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Stadt St.Gallen
08.07.2021
08.07.2021 12:49 Uhr

SBB: Bald kein Halt mehr am Flughafen?

Damit man möglichst schnell von St.Gallen nach Zürich reisen kann, soll der Halt in Kloten aufgehoben und dafür in Wil gehalten werden. Der irritierende Vorschlag der St.Galler Regierung stösst noch auf wenig Widerstand.

In 53 Minuten von St.Gallen nach Zürich: Das soll mit dem Bahnausbau 2035 möglich werden – wenn es nach Wilern Politikern ginge. Diese konnten die Regierung von ihren Plänen überzeugen, und so wurde ein Änderungskatalog des Fahrplans beim Bundesamts für Verkehr eingereicht, wie das «St.Galler Tagblatt» berichtet. 

Schnellste Verbindung würde wegfallen

Der Katalog mit Änderungswünschen werde zurzeit im Hinblick auf ein Übergangskonzept bis zu den nächsten Ausbauschritten des SBB-Netzes geprüft. Ziel sei aber nicht nur die schnellere Verbindung nach Zürich, sondern die Politiker streben danach, den Bahnhof Wil wieder zu einem sogenannten Vollknoten zu machen. Damit würden die Intercity-Züge zwischen St.Gallen und Zürich nicht mehr am Zürcher Flughafen, sondern eben in Wil halten.

Die neue Zugverbindung soll während einer Übergangsfrist bis 2035 – also über zehn Jahre lang – bestehen bleiben. 

Obwohl damit für Stadtsanktgaller die schnellste Verbindung zum Flughafen wegfallen würde, blieben kritische Stimmen aus – zumindest offizielle. So sollen beispielsweise Aussagen wie «Geht's eigentlich noch?», «Wollen wir vollends zur Provinz verkommen?» oder «Völliger Unsinn» ausserhalb von Wil gefallen sein, weiss das «Tagblatt».

Andere Kantone ärgern sich

Auch in anderen Kantonen stutzt man über den Vorschlag der St.Galler Regierung. Mit der Änderung würden nämlich die einzige Direktverbindung von Aarau und Solothurn mit dem Flughafen in Frage gestellt werden. Auch das Angebot der Zürcher S-Bahn wäre in mehreren Bahnkorridoren betroffen. 

Die Prüfung der St.Galler Wünsche sei schon relativ weit fortgeschritten, sagte Michael Müller, Mediensprecher des Bundesamts für Verkehr, zum Tagblatt. Bis im Herbst sei mit einer Antwort zu rechnen. Auch die anderen Regionen wurden laut Müller angehört, und es gelte, die verschiedenen Interessen bestmöglich zu berücksichtigen.

Wo bleibt die freundnachbarschaftliche Rücksichtnahme?

Dass Wiler Politiker versuchen, zu ihren Gunsten den SBB-Fahrplan umzukrempeln, kann man verstehen. Dass dies allerdings auf Kosten der St.Galler Zugpendler gehen soll, irritiert. Und dass sich die Kantonsregierung vor den Wiler Karren spannen lässt, wird in der Gallusstadt ganz schlecht aufgenommen.

Viel mehr als ein politisches Manöver dürfte der Wiler «Sturm» auf die St.Galler Verbindung nach Kloten allerdings kaum sein – zu wichtig ist eine schnelle Anbindung der Kantonshauptstadt auch an den Flughafen.

Hierbei geht es also offenbar vielmehr um das Profilieren einiger Lokalpolitiker aus der Äbtestadt. Übel nehmen kann ihnen das niemand – Politiker befinden sich ja bekanntlich immer im Wahlkampf.

Wobei: Niemand stimmt nicht ganz. Alle St.Galler, die von der eigennützigen Idee betroffen wären, würden es sehr wohl übelnehmen, käme das Wiler Anliegen durch.

Nun sind die Stadt-St.Galler Politiker gefordert, hier schleunigst Gegensteuer zu geben und den Kanton in die Schranken zu weisen. Nicht dass das Profilierungsmanöver aus dem Fürstenland plötzlich doch zu einer unangenehmen Realität wird.

stgallen24/stz.

mik/stgallen24
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