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Stadt St.Gallen
12.05.2023
12.05.2023 09:48 Uhr

Kunst in der Lok verarbeitet Erziehungstraumen

Camille Henrot, Misfits, 2022, Courtesy die Künstlerin, Mennour, Paris und Hauser & Wirth, Zürich.
Camille Henrot, Misfits, 2022, Courtesy die Künstlerin, Mennour, Paris und Hauser & Wirth, Zürich. Bild: Camille Henrot (Archives Mennour)
Eigenwillige Figuren, vertraute und doch befremdliche Geräusche sowie farbige Scheiben verwandeln die Räume des Lok in eine (Alb-)Traumlandschaft. In der Ausstellung von Camille Henrot sind neu produzierte Werke zu sehen.

Fünf Monate lang füllen Camille Henrots Werke die Räume der Lok: Vom 10. Juni bis am 5. November stellt die Französin (*1978, Paris) «Sweet Days of Discipline» aus. Die Werke wurden eigens für die Lok produziert.

Vom Buch inspiriert

Das Schaffen der Künstlerin ist vielschichtig. Es bedient sich zahlreicher Referenzen aus Film, Literatur, den sozialen Medien und der Absurdität des Alltags. In ihrem skulpturalen, filmischen und malerischen Werk geht es um existentielle Emotionen, um Abhängigkeit und Entfremdung. Persönliche Themen führen dabei immer auch zu gesellschaftlich relevanten Fragestellungen, wie zum Beispiel in Bezug auf die Rolle der Frau.

Das Buch Sweet Days of Discipline der Schweizer Autorin Fleur Jaeggy (*1940) ist eine der vielen Inspirationsquellen für Camille Henrot. Die Autorin verwebt mit entwaffnender Direktheit autobiografische Details und fiktionale Erzählungen, die die eigene Schweizer Kindheit und Jugend behandeln. Die Präsentation mit dem gleichnamigen Titel dreht sich um die Themen der Pflege, Erziehung, Überwachung, Kontrolle und bezieht sich auf die persönlichen Erfahrungen der Künstlerin als Mutter und ihre eigene Biografie.

Kindheitstrauma als Kunst

Die Werke kreisen um den Begriff des «Care Giver», insbesondere die Art und Weise, wie Erziehungsformen im Kindesalter wahrgenommen wurden und was von ihnen im Erwachsenenalter in Erinnerung bleiben. Die Gesamtinstallation umfasst Skulpturen sowie Gemälde – und präsentiert einen skurrilen Spielplatz mit zahlreichen farbenfrohen Figuren aus vielfältigen Materialien wie Bronze, Aluminium, Stahlwolle, Holz.

  • Camille Henrot, Iron Deficiency (detail), 2021 Bild: Camille Henrot (Archives Mennour)
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  • Camille Henrot, installation view Sfeerbeelden expo Bild: Camille Henrot (Archives Mennour)
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  • Camille Henrot, Iron Deficiency (detail), 2021 Bild: Camille Henrot (Archives Mennour)
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Sie beziehen sich unter anderem auf Motive des Kindes und Kindermädchens und strahlen eine albtraumähnliche, beunruhigende und eindringliche Stimmung aus. Eine Soundintervention des Schweizer Komponisten und Musikers Mauro Hertig (*1989) wird den Ausstellungsraum mit Wiegeliedern, Brummtönen und Geräuschen fluten.

Internationale Bekanntheit

An der 55. Biennale von Venedig 2013 wurde Camille Henrot für ihren Film «Grosse Fatigue» mit dem Silbernen Löwen ausgezeichnet. Im Palais de Tokyo in Paris erhielt sie 2017 Carte Blanche und zeigte die monumentale Ausstellung «Days are Dogs». In der Kestner Gesellschaft in Hannover präsentierte sie 2021 in der Ausstellung Mother Tongue Fresken, Gemälde, Zeichnungen und raumgreifende Skulpturen, die sich zu surrealen Welten fügten.

Camille Henrot hatte weltweit zahlreiche Einzelausstellungen, unter anderem im New Museum (New York), im Schinkel-Pavillon (Berlin), im New Orleans Museum of Art, in der Fondazione Memmo (Rom) und in der Tokyo Opera City Art Gallery (Japan). 2021 nahm sie an der Liverpool Biennial of Contemporary Art in England teil. Kuratorin der Ausstellung: Nadia Veronese.

pd/stgallen24
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